KURIER: 150 Jahre Musikverein – welche Bedeutung hat dieses Haus international und für Sie persönlich?
Thomas Angyan: International ist der Musikverein sicher ein Leuchtturm für die ganze Welt. Allein durch das Neujahrskonzert kennen Millionen Menschen den Goldenen Saal, wobei wir ja auch noch viele andere, sehr schöne Säle haben. Für mich persönlich war – und ist ja noch – der Musikverein der schönste Arbeitsplatz der Welt.
Den Sie nach 32 Jahren aber verlassen werden. Mit einem lachenden oder einem weinenden Auge?
Mit einem lachenden. Es war ja meine freiwillige Entscheidung. Ich werde im Juni 67 Jahre alt sein, da ist es Zeit für etwas Neues. Außerdem sollte jetzt die nächste Generation ans Ruder und neue Ideen einbringen.
Sie übergeben Ihrem Nachfolger Stephan Pauly ein künstlerisch und finanziell großartig aufgestelltes Haus.
(lacht) Was nicht immer ganz einfach war. Denn die Subventionen der öffentlichen Hand halten sich bekanntlich in sehr bescheidenen Grenzen für ein Haus dieses Ranges. Aber ich wage zu behaupten, wir haben gut gewirtschaftet. Und es geht uns als Gesellschaft gut. Dass ich mich für meinen Nachfolger über zusätzliche Mittel von Bund und Stadt freuen würde, ist aber selbstverständlich. Denn vor allem die Residenzen internationaler Orchester sind kostenintensiv.
Es gibt viele Menschen, die meinen, es sei relativ einfach, den Musikverein künstlerisch zu programmieren. Man bräuchte ja nur die Besten der Besten holen …
Ganz so einfach ist die Sache dann doch nicht. Ja, wir haben immer den Anspruch die besten Künstler der Welt in unser Haus zu bringen. Jedoch muss man auf viele Dinge Rücksicht nehmen. Nur Tourneeprogramme einzukaufen, ist viel zu wenig. Das kann nicht das Ziel sein. Es geht immer auch um die Inhalte. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schwierig es war, im heurigen Beethoven-Jahr viele Interpreten davon abzuhalten, nur Beethoven zu spielen. Da braucht es Vertrauen und gegenseitigen Respekt. Und manchmal auch viel Überredungskunst.
Sie haben in Ihrer Amtszeit neben dem Bau der Neuen Säle auch ganz bestimmte Interpreten sehr eng an das Haus gebunden …
Das war mir immer sehr wichtig. Der Musikverein ist keine Durchgangsstation. Die Menschen, die hier auftreten, die Menschen, die im Publikum sitzen, sollen sich hier auch zu Hause fühlen. Das beginnt bei den Jungen, die ich explizit gefördert habe und geht bis zu den arrivierten Weltstars. Der Musikverein ist eine Art Familie.
Mit Mariss Jansons, der auch das Festkonzert hätte dirigieren sollen, ist unlängst ein besonders enges Familienmitglied verstorben …
Leider, das ist in jeder Hinsicht ein sehr großer Verlust. Ich danke auch explizit Semyon Bychkov, dass er für das Festkonzert eingesprungen ist. Und am 14. Jänner werden wir eine Gedenkstunde für Mariss Jansons abhalten. Es spielen die Wiener Philharmoniker, der Singverein ist dabei, und Riccardo Muti sowie Valery Gergiev werden dirigieren. Auch das ist für mich übrigens keine Selbstverständlichkeit!
Keine Selbstverständlichkeit ist wohl auch das letzte Konzert ihrer Ära, wenn Philippe Jordan die Symphoniker bei Mahlers 8. Symphonie dirigieren wird …
Mit der ,Symphonie der Tausend’ nehmen Philippe Jordan und ich Abschied. Er von den Symphonikern, ich vom Haus. Ich finde, das ist ein sehr würdiges Finale, aber ganz ohne Brimborium.
Und was kommt danach?
Ich möchte mit meiner Frau viel reisen, habe noch einige Beratertätigkeiten, bleibe auch Kuratoriumsvorsitzender der Ernst von Siemens Musikstiftung. Und die Entwicklung des Musikvereins werde ich als leidenschaftlicher Besucher verfolgen.
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