Stardirigent Mariss Jansons gestorben - Einer der Allergrößten

Jansons nimmt ärztlich empfohlene Pause in Anspruch
Einer der wichtigsten Dirigenten der Gegenwart. Er kämpfte viele Jahre lang mit schweren gesundheitlichen Problemen.

Der lettische Stardirigent Mariss Jansons, einer der wichtigsten Dirigenten der Gegenwart, ist tot. Er starb laut dem lettischen öffentlich-rechtlichen Radio am Samstag (30. November) 76-jährig in St. Petersburg. Jansons Tod wurde dem KURIER aus zuverlässiger Quelle bestätigt. Jansons hatte alle wichtigen Orchester der Welt dirigiert und drei Mal das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker geleitet. Seinen Tod bestätigte auch der lettische Außenminister auf Twitter.

Zuvor hatten russische Medien und der Branchenblog Slippedisc berichtet.

Jansons Tod löste in der Klassikbranche Bestürzung aus. Seine Auftritte zogen regelmäßig hymnische Kritiken nach sich. Der Lette hatte jedoch bereits zuletzt zahlreiche Konzerte, darunter jene mit den Wiener Philharmonikern, die er dieses Wochenende hätte dirigieren sollen, absagen müssen. Das Publikum des Philharmonischen Konzerts wurde am Sonntag vor Beginn informiert, das Programm wurde in Gedenken an Jansons geändert.

2020, zum 100-Jahr-Jubiläum der Salzburger Festspiele, hätte er dort "Boris Godunov" dirigieren sollen.

In Wien ausgebildet

Geboren wurde Jansons am 14. Jänner 1943 als Sohn des Dirigenten Arvid Jansons in Riga. Er studierte mit Auszeichnung Violine, Klavier und Dirigieren am Konservatorium Leningrad. 1969 setzte er seine Ausbildung in Wien bei Hans Swarowsky und in Salzburg bei Herbert von Karajan fort. Zwei Jahre später siegte er im internationalen Herbert-von-Karajan-Wettbewerb in Berlin.

1973 wurde er Assistent von Jevgeni Mravinsky bei den St. Petersburger Philharmonikern, deren Chefdirigent er 1985 wurde. Er war 1979 bis 2000 Musikdirektor des Philharmonischen Orchesters in Oslo, das unter ihm eine viel beachtete Entwicklung nahm. 1996 erlitt er während eines "Boheme"-Dirigates in Oslo einen Herzinfarkt, kurz darauf im Spital einen zweiten. Eine siebenmonatige Zwangspause folgte, doch die Aufgaben, die er danach annahm, wurden nicht weniger.

Amsterdam und München

1997 bis 2004 war er in den USA musikalischer Direktor beim Pittsburgh Symphony Orchestra. 2003 folgte Jansons Lorin Maazel als Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks nach, dem er bis zuletzt vorstand. Zudem leitete der Maestro das Königliche Concertgebouw Orchester in Amsterdam und stand damit zwei der besten Klangkörper der Welt vor. Er musste sich aus Amsterdam aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen. Als überaus gefragter Gastdirigent hat er in den vergangenen Jahren mit praktisch allen bedeutenden Orchestern der Welt zusammengearbeitet.

Zu seinen Ehrungen zählen der Rang eines Kommandanten mit Stern des Königlichen Norwegischen Verdienstordens, die höchste Auszeichnung, die Norwegen an Ausländer zu vergeben hat, die Ehrenmitgliedschaft der Royal Academy of Music in London sowie der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. 2009 erhielt er das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst und im Jahr darauf den Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst.

Festspielnadel und Tulpenart

2017 wurde ihm die renommierte Goldmedaille der britischen Royal Philharmonic Society zugesprochen und im Vorjahr die Ehrenmitgliedschaft bei den Berliner und wenige Monate später auch bei den Wiener Philharmonikern. Im gleichen Jahr folgte die Festspielnadel der Salzburger Festspiele, die gleichsam einer Ehrenmitgliedschaft des Festivals entspricht. Die vielleicht ungewöhnlichste Auszeichnung wurde Jansons aber anlässlich seines 75. Geburtstages im Vorjahr zuteil: Eine von zwei Züchtern aus Lettland und den Niederlanden erschaffene Tulpe wurde nach ihm benannt.

"Jedes einzelne Konzert war eine Erfahrung"

„Ihr Talent wird immer im Sternbild Lettlands und der Weltmusik bleiben und in unseren Herzen“, twitterte Staatspräsident Egils Levits. „Mit Mariss Jansons verlieren wir einen der ganz großen Dirigenten unserer Zeit“, sagte Bayerns Kunstminister Bernd Sibler und lobte auch dessen Fähigkeit, besonders Junge für Musik zu begeistern. Ulrich Wilhelm, Intendant des Bayerischen Rundfunks, nannte Jansons einen „Ausnahmekünstler“. Dank ihm seien das dortige Symphonieorchester und den Chor in die Liga der besten Klangkörper der Welt aufgestiegen, auch der Bau eines neuen Konzerthauses in München in den nächsten Jahren sei ihm zu verdanken.

Wiener-Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer sprach am Sonntag vor dem Abokonzert des Klangkörpers von einer „traurigen und erschütternden Nachricht“. Mit Ehrenmitglied Mariss Jansons habe die Philharmoniker „eine jahrzehntelange enge künstlerische Partnerschaft und eine tiefe persönliche Freundschaft“ verbunden. „Jedes einzelne Konzert war eine Erfahrung, die wir für immer in unserem Herzen bewahren werden. Wir werden ihn sehr vermissen“, schrieb der Wiener Singverein auf Twitter. Und ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz beschied über Jansons: „Ihn verband eine ganz besondere Beziehung mit Österreich, insbesondere mit den Wiener Philharmonikern und den Salzburger Festspielen. Wir sind stolz darauf, dass auch der ORF mehrfach mit Maestro Jansons in Radio und Fernsehen zusammenarbeiten konnte.“

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