Wie viel Belästigung durch Nachbarstiere muss ich ertragen?

Wie viel Belästigung durch Nachbarstiere muss ich ertragen?
Die Rechtsanwältin Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem großen Reich des Rechts.
Maria  In der Maur-Koenne

Maria In der Maur-Koenne

Wir wohnen am Stadtrand, in dem es schon sehr ländlich zugeht. Viele unserer Nachbarn halten Hunde und Katzen. Ein Nachbarshund bellt oft stundenlang, manchmal auch in der Nacht und die Nachbarskatzen streunen dauernd durch unseren Garten, um sich auch dort zu erleichtern. Wie viel Belästigung durch die Haustiere der Nachbarn muss ich ertragen?

Manfred V., Steiermark

Lieber Herr V., es gibt leider viele Gründe, die zu Streitigkeiten zwischen Nachbarn führen können. Gerade Tiere sorgen sehr oft für Konflikte. Ein bellender Hund, der die Nachtruhe stört, oder die Nachbarskatze, die ihren Kot in den Gärten der angrenzenden Häuser hinterlässt, sorgen sehr häufig für Ärger zwischen Nachbarn. Die zentrale Bestimmung zum Nachbarrecht ist § 364 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB). Eigentümer benachbarter Grundstücke haben bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen. Einwirkungen, die von einem Nachbargrundstück ausgehen, werden als „Immissionen“ bezeichnet. Nach § 364 ABGB sind nicht nur direkte Einwirkungen, etwa das Ableiten des Regenwassers auf das Nachbargrundstück, verboten, sondern auch indirekte Einwirkungen. Darunter versteht man auch Belästigungen durch Lärm oder Geruch. Grundsätzlich hat jeder die von einer verkehrsüblichen Nutzung des Nachbarobjektes ausgehenden ortsüblichen Immissionen zu dulden. Die Möglichkeit einer Untersagung besteht nur, wenn die Immissionen einerseits das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigen und zugleich die ortsübliche Benutzung der Liegenschaft wesentlich beeinträchtigen. Dabei sind die örtlichen Verhältnisse in beiden Belangen zu beachten. Bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit ist ein weiträumiger Beurteilungsmaßstab anzulegen; es geht dabei um Gebiets- bzw. Stadtteile („Viertel“) mit annähernd gleichen Lebens- und Umweltbedingungen. Auf eine besondere Lärm- oder Geruchsempfindlichkeit eines Nachbarn kommt es nicht an. Bei der Frage, ob die Störung noch ortsüblich ist, wird vielmehr auf einen Durchschnittsnachbarn abgestellt.

Wenn Nachbarn Hunde halten, kommt es öfter zu Beeinträchtigungen durch das Bellen und Jaulen der Tiere. Da in Ihrer Gegend das Halten von Hunden üblich zu sein scheint, wird das zumindest kurzfristige, mehrmalige Bellen durchaus ortsüblich sein. Die Untersagung jeglichen Hundegebells wird daher nicht möglich sein. Stundenlanges durchgehendes Hundegebell, insbesondere während der Nachtruhe, muss man aber nicht ertragen.

Auch das Halten von frei laufenden Katzen ist am Stadtrand oft ortsüblich und auch in Ihrer Gegend scheinen viele Nachbarn Katzen zu halten. Ist das Halten von frei laufenden Katzen ortsüblich, so kann ein Nachbar nicht verpflichtet werden, Vorkehrungen zu treffen, dass seine Katzen nicht auf das Nachbargrundstück eindringen und dieses durch Katzenkot verunreinigen. Die Gerichte begründen das damit, dass kein gesetzliches Gebot besteht, Katzen ausschließlich innerhalb der Wohnräumlichkeiten als Wohnungskatzen zu halten. Das Streunen von Katzen und das gelegentliche kurzfristige Bellen der Haustiere Ihrer Nachbarn werden Sie daher dulden müssen. Stundenlanges Bellen des Nachbarhundes in der Nacht jedoch nicht.

rechtpraktisch@kurier.at

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