Lieber Herr P., auch wenn ein Verkehrsunfall immer unerfreulich ist, ist es zumindest ein Glück, dass es zu keinen Verletzten kam. Bei Schadenersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall wird zunächst durch das Gericht immer versucht die Schuldfrage zu klären. Jener Lenker, beziehungsweise dessen KFZ-Haftpflichtversicherung, den das Verschulden am Unfall trifft, muss den Schaden am Pkw des Unfallgegners ersetzen. Immer wieder trifft auch beide Unfalllenker ein Verschulden. In diesem Fall wird der Schaden nach dem Verhältnis des Verschuldens zwischen den Unfallgegner aufgeteilt. So kann es vorkommen, dass ein Unfallgegner 60 Prozent seines Schaden ersetzt erhält und der andere Unfallgegner 40 Prozent.
Grundsätzlich würde in Ihrem Fall natürlich jenen Lenker das Verschulden an dem Verkehrsunfall treffen, der bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren ist. Wenn nun aber Aussage gegen Aussage steht und es tatsächlich keine weiteren Zeugen des Verkehrsunfalls gibt, ist es kaum möglich dem Gericht zu beweisen, welcher Lenker das Rotlicht an der Ampel missachtet hat. Kann das Gericht die Schuldfrage endgültig nicht klären, werden etwaige wechselseitige Ansprüche noch nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) geprüft.
Kann das Verschulden eines Lenkers nicht festgestellt werden, oder trifft ausnahmsweise tatsächlich keinen der Lenker ein Verschulden am Verkehrsunfall, so wird in weiterer Folge geprüft, ob sich eine außergewöhnliche Betriebsgefahr oder zumindest eine zu berücksichtigende gewöhnliche Betriebsgefahr bei einem der beiden Unfallgegner verwirklicht hat.
Die Betriebsgefahr zweier Pkw ist normalerweise gleichwertig, sodass diese zu einer Schadensteilung im Verhältnis 1:1 führt. Sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten der beiden Pkws könnten aber dazu führen, dass die Betriebsgefahr nicht gleich hoch ist. Hier hat der Oberste Gerichtshof auch schon eine Schadensteilung im Verhältnis 1:2 vorgenommen. Dazu muss die hohe Geschwindigkeit aber auch in einem Zusammenhang mit dem Unfall stehen.
Auch das sehr unterschiedliche Gewicht zweier Fahrzeuge kann zu einer unterschiedlichen Betriebsgefahr führen, etwa dann, wenn ein Sattelschlepper mit einem Pkw kollidiert. Schon bei einer Kollision zwischen einem Pkw und einem Motorrad kann man aber nicht mehr allgemein davon ausgehen, dass von den beiden Fahrzeugen eine unterschiedliche Betriebsgefahr ausgeht. Umso weniger führt das unterschiedliche Gewicht zweier Pkws alleine zur Annahme einer unterschiedlichen gewöhnlichen Betriebsgefahr. Lässt sich daher tatsächlich nicht mehr klären, wer von beiden Unfalllenkern das Rotlicht missachtet hat, wird das Gericht eine Schadensteilung im Verhältnis 1:1 vornehmen.
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