Verschieben wir unsere Reisen - aber keinesfalls nach Gähnemark
Es war ungefähr Mitte der Woche, also etwa Tag 10 d.v.D. (des verordneten Daheimseins), da hat ein Bekannter am Telefon den Satzteil „... im Herbst werde ich dann in Dänemark ...“ fallen lassen. Ausnahmsweise habe ich mich nicht über die Destination mokiert (ich nenne das Land Gähnemark und seine Hauptstadt Kopenfaden), sondern über die Erwähnung an sich. Es ist dem Bekannten gar nicht aufgefallen, aber er hat mit diesen Worten quasi unabsichtlich dem Tunnel ein Ende samt Licht gegeben: im Herbst werde ich dann.
Und weil man ja immer sensibler für etwas wird, wenn es einem gerade begegnet ist, fiel mir in den Tagen 11 bis 13 d.v.D. mehrfach auf, dass die Menschen bei aller Krisenbeharrlichkeit doch schon über das Danach nachdenken. Ich gebe aber zu, dass diese Wahrnehmungen auch darin begründet sein könnten, dass ich ein „elender Optimist“ bin, wie ein anderer Bekannter mir diese Woche attestiert hat.
Stornieren ist am schlimmsten
Doch diese Art von Tunnelblick ist wichtig, besonders was das Reisen betrifft. Es muss ja nicht jeder gleich nach Dänemark fahren (so weit sind wir bei aller Krise noch nicht), aber wie entscheidend es ist, die Lust am Reisen hochzuhalten, erleben wir diese Woche auch durch die verzweifelten Aufrufe der ganzen Branche: Noch während Reiseveranstalter gemeinsam mit dem Außenministerium die Tausenden gestrandeten Österreicher nach Hause geholt haben (und holen), machten sie laut auf ihre Lage aufmerksam: fast kompletter Umsatzausfall bei Neubuchungen, dazu aber zusätzliche Kosten – und Arbeit. Denn die Mitarbeiter der Reisebüros sind derzeit oft die einzig Erreichbaren für Reisende, die sich aufgrund der Zeitverschiebungen quasi rund um die Uhr melden.
Diese Mitarbeiter sind oft ebenfalls im Homeoffice und nehmen Anrufe entgegen, hinter denen oft „Angst und Ungewissheit stecken“ – wie der Österreichische Reiseverband (ÖRV) es ausdrückt und schreibt: „So gesehen sind die österreichischen Reisebüros die besten Konsumentenschützer.“
"Wer Reisen lieb, verschiebt"
Eine besondere finanzielle Bedrohung für Reiseveranstalter ist, wenn sie derzeit ausgefallene Reisen zurückzuzahlen müssen, was die Liquidität an den Existenzrand treiben kann. Daher ruft die Branche jetzt zur Solidaritätsaktion „Wer Reisen liebt, verschiebt“ auf: Reisende sollen gebuchte Reisen nicht stornieren, sondern umbuchen, damit die Unternehmen überleben können.
Bleibt die Frage: Auf wann umbuchen? Wenn Sie mich fragen: keinesfalls auf Dänemark. Aber ich glaube an den Herbst. Vielleicht sogar an den Sommer. Demnächst werden wir das genauer wissen.
Kennen Sie das Spiel, wenn man mit dem Auto durch einen langen Tunnel fährt, wer als erster den Ausgang sieht?
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