"ÜberLeben": Ein Bärlauchstrauß

Statt Blumen überreicht mein Vater das stark riechende Kraut.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Es gibt zwei Arten von Menschen. Die einen lieben Bärlauch, rupfen ihn schwer schuftend aus dem Waldboden, stopfen ihn in Säcke, schleppen diese nach Hause und fügen das Kraut jeder Speise hinzu, die nicht rechtzeitig flüchten kann – Suppe, Pasta, Fleisch, Kuchen. Gäbe es Bärlauchzahnpasta, Bärlauchwaschmittel und Bärlauch-Parfüm, würden sie all dies ebenfalls verwenden.

Die anderen halten Bärlauch für ein satanöses Gewächs, für einen Scherz der Natur, der keinen anderen Zweck erfüllt als jeden Geschmack im Essen mit dem Aroma von alten Turnschuhen zu überdecken.

Und dann gibt es noch meinen Vater. Er isst Bärlauch nicht – er, dessen Onkel Förster war, weist gerne darauf hin, dass kein Tier des Waldes Bärlauch frisst –, aber er sammelt ihn dennoch. Er kann nicht anders, er muss auf die Pirsch gehen und etwas erlegen. Und da mein Vater keinen Jagdschein hat und viel zu gutmütig ist, um Tieren etwas anzutun, erlegt er Pflanzen und Pilze, die er dann an befreundete oder auch wildfremde Menschen verschenkt.

Den ersten halbwegs warmen Frühlingstag hat mein Vater dazu genutzt, im Wienerwald auf die Bärlauchjagd zu gehen. Die  Beute trug er dann zu seiner Hausärztin, die ihm sehr sympathisch ist, und überreichte sie ihr mit den denkwürdigen Worten „Alles Gute zum Frauentag!“. Mein Vater meint das nicht böse, das ist sein Humor und gleichzeitig sein Versuch, charmant zu sein. Statt Blumen überreicht er – Bärlauch. Die Hausärztin hat sich übrigens gefreut.

Bei meiner Freundin und mir hat der Frühling ebenfalls merkwürdige Nebenwirkungen gezeigt – wir schauen jetzt auf RTL „Der Bachelor“, also die wahrscheinlich dümmste TV-Show der Welt: Kreischende Frauen, die alle aussehen wie nach einer Überdosis Bärlauch, buhlen um  einen übertrainierten Muskelmann.  Und das Ganze ist mir so peinlich, dass ich jetzt froh bin, dass die Kolumne an dieser Stelle aus ist.

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