Sonntag mit Schildkrot

Wie man unverbesserlichen Menschenfeinden eine kleine Freude macht
Barbara Beer

Barbara Beer

Leser Franz O. ist mit den Jahren zum Freund geworden. Man tauscht sich aus zu allerhand, ist oft d’accord. Nur in einem widerspricht er hartnäckig: Beim Thema Menschenliebe. O. kann sich dazu nicht durchringen, er mag weder die Leut’ noch die Menschen.

Ihm sei folgende Schilderung vom vergangenen Sonntag gewidmet. Ein Paar spazierte am Hohenauerteich nahe des Lainzer Tors. Es war ein freundlicher Tag, den auch für die Gegend eher untypische Tiere zum Sonnenbad nutzten. Auf einem Ast am Rande des Teichs streckte mit langem Hals ein großes Schildkrötenexemplar genüsslich sein Gesicht in die Sonne. Man staunte, freute sich am Anblick, als sich eine weitere Beobachterin dazugesellte. Man kam ins Plaudern. Ein Spaziergänger habe sie auf die Schildkröte aufmerksam gemacht, sie sei extra umkehrt, erzählte sie. Ein Moment gemeinsamer Freude mit Fremden. Nicht der Rede wert? Mag sein. Er genügte jedoch, um das Herz für den Rest des Tages zu erwärmen.