Ein Wutanfall und Standing Ovations in der Schnellbahn

Ein Wutanfall und Standing Ovations in der Schnellbahn
Ein Morgen in der Schnellbahn trägt nicht unbedingt zu einem guten Start in den Tag bei.
Agnes Preusser

Agnes Preusser

Eine Schnellbahnfahrt ist lustig, eine Schnellbahnfahrt ist schön. Das werden sich am Montagmorgen die wenigsten Leute gedacht haben, die mit mir im Waggon waren. Weil die ÖBB einige Züge auf meiner Strecke wegen Personalmangels gestrichen haben, ist es generell mitunter schon zu kuschelig, wenn man in die Arbeit fährt. Dazu kommt es immer wieder zu Verspätungen – etwa durch Störungen im Betriebsablauf.

Der Ärger der Öffinutzer soll durch die Höflichkeit der Stimme von Chris Lohner wohl abgeschwächt werden.

Gestern jedenfalls warteten mit mir mehr Menschen als üblich am Bahnsteig. Als der Zug endlich einfuhr, quetschten sich alle gemeinsam hinein, nur um dort festzustellen, dass der Schnellbahn wohl ein längerer Aufenthalt in der Station drohte. Eine Schaffnerin erklärte, dass der Zug erst in „ein paar Minuten“ weiterfahren könne. 

Erfahrene Öffifahrer wissen: Wenn ein paar Minuten angekündigt werden, sind es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein paar mehr Minuten. Dem Zeitgeist entsprechend könnte man ja von Entschleunigung sprechen. Der Grant als Nebenprodukt trägt allerdings wenig zum psychischen Wohlbefinden bei.

Ärger bei Mitreisenden

Einem Mitfahrer platzte der Kragen. Er nahm das Handy zur Hand, wählte die Nummer der ÖBB-Hotline und erklärte der Person am anderen Ende, dass die Zustände der S-Bahn eine Zumutung seien, er sage das im Namen aller Mitreisenden im Waggon. Er hatte zuvor zwar nicht nach unserer Zustimmung gefragt, wurde aber mit etwas bedacht, das man als Standing Ovations bezeichnen kann, wenn ohnehin alle stehen und niemand mehr die Arme zum Klatschen hochheben kann: kollektives Kopfnicken. 

Am Ende sagte er den schönen Satz: „Ich weiß, dass Sie nichts dafür können, aber ich möchte, dass Sie den Verantwortlichen meine Beschwerde in genau diesem Tonfall wiedergeben.“ Ob die Person das tun wird, ist unklar. Hoffentlich war es nicht die höfliche Chris Lohner.

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