Paaradox: Glückstreffer

Paaradox: Glückstreffer
Lebens- und Liebeskunst ist es, auch die kleinen Momente der Zufriedenheit wahrzunehmen. Das gelingt gnä Kuhn und dem Mann gegenüber oft, aber nicht immer.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Sie

Unlängst in meinem eMail-Postfach, eine Frage: „Was macht Sie glücklich?“  Hm. Glück, ein großes Wort. Vor allem in Bezug auf eine Langzeit-Liebe, die so manche Hürde – von A wie Alltag bis Z wie Zankäpfel – überstehen musste. Der Mann gegenüber skizziert „Glück“ stets sehr episch. Spannend wird’s immer dann, wenn der Gute mit leicht melancholischem Blick in die Ferne schaut und murmelt: Da muss es doch noch mehr geben, oder? Ich schaue justament nicht in die Ferne, sondern ihm in die Augen und antworte: „Mehr – wovon genau? Schnitzel? Tore? Süße Träume?“ Und werte das – nachsichtig – als leises Symptom seiner Midlife-Krise.

Zufriedene Momente

Für mich hingegen ist Glück ein Puzzle aus vielen kleinen zufriedenen Momenten. Wenn er neben mir einschläft, ich ihn atmen, aber nicht richtig laut schnarchen höre, beispielsweise. Oder wenn der Hund komplett auszuckt, weil Herrli nach gefühlt 1000 Jahren Abwesenheit (in Wirklichkeit waren es nur zwei Tage) die Tür zu unserer gemeinsamen Wohnung aufsperrt. Er  zu Gustav sagt: Da ist ja mein kleiner Gauner! Und zu mir: Und wo ist mein Achtel, Herzdame? Auch Streiten kann mich als Teil des großen Glücks zufrieden machen, weil ich ihm dann in fünf Minuten sagen kann, was ich die vergangenen fünf Monate dezent runtergeschluckt habe. Richtig zufrieden bin ich schließlich, wenn er sagt: Stimmt, du hast recht! Was bedauerlicherweise nicht sehr oft vorkommt, aber wurscht. Glück ist ebenfalls, wenn eine Zeit lang mal gar nix passiert – kein Stress und keine Aufregung, weil er zum Beispiel seinen Kellerschlüssel im Auto vergessen, zugleich aber auch den Fahrzeugschlüssel verlegt hat: Grrrrpzknxymmmh! Und dann ist es immer auch fein, mit ihm Hand in Hand irgendwo dahinzuwandern. Ohne Ziel und ohne Worte – selbst dann nicht, wenn jeder vor sich hinschwitzt und alles ein bisserl klebrig wird. So einfach ist das. Mehr kann es, muss es aber nicht sein.

gabriele.kuhn@kurier.at / facebook.com/GabrieleKuhn60

Er

„Viele Menschen versäumen  das kleine Glück, während sie auf das Große vergebens warten“. Das schrieb einst die amerikanische Schriftstellerin Pearl S. Buck. Und die hat immerhin Nobel- und Pulitzerpreis gewonnen. Meine Frau wartet nicht. Weil sie eine gnä Kuhn ist, die schon angesichts eines zehnminütigen Updates, das der Computer statt ihr beschlossen hat, sagt: Bitte, was macht der so lange? Ich mag ja hier nicht ewig herumsitzen. Dann spricht sie als Firewally mit dem Gerät: Haaalllooo, könntest du die Sicherheitsprüfung beschleunigen, ich bin ja nicht die Präsidentin der Europäischen Zentralbank. Aber der PC hat etwas mit mir gemeinsam: Man muss wissen, wann man schweigt. Ungeduld ist jedenfalls nicht die beste Begleiterin auf der Suche nach dem großen Glück. Doch diesbezüglich sind wir einander sehr ähnlich. Weil: So viele meditative Reisen Richtung Erleuchtung kann ich gar nicht unternehmen, dass ich nicht schon beim zweiten gescheiterten Versuch, zwei Dübel auf gleicher Höhe in der Wand zu versenken, das innere Gleichgewicht verliere.

Verblüffung

Umso mehr mag ich es, wenn meine Frau über die Augenblicke des kleinen Glücks nachdenkt. Dazu fällt mir nämlich auch einiges ein. Und sei es nur eine Wok-Pfanne auf dem Tisch, zu der sie sagt: Ohne Zucchini, nur für dich. Das berührt mich tief. Ja, die richtigen Worte zur richtigen Zeit finden, das kann sie (wenn sie will). Wie: Bitte mach’ du das, du kannst das besser als ich (selten). Oder: Sei entspannt, Bier ist eingekühlt (oft). Unlängst schaute sie mit mir 90 Minuten lang ein Barça-Match an, mit dem Argument: Ich mag diese Lewandowski-Story irgendwie – auch Verblüffung kann ein Glücksmoment sein. Darüber hinaus ist es schön, wenn sie auf der Fernsehcouch ihren Kopf in meinen Schoß legt, mir ohne jeden Kommentar via WhatsApp ein Herz-Emoji schickt oder einfach sagt: Wenn du da bist, ist es gut. Dann schau’ ich sie an und denke mir nur: Hey, großes Glück!

michael.hufnagl@kurier.at / facebook.com/michael.hufnagl9

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