Paaradox: Hundewetter

Paaradox: Hundewetter
Während der Hund selbst bei Platzregen begeistert durch die Gegend schnofelt, zieht das Herrli gegenüber ein Schnoferl. Weil ihm die Kombi Regen & Gackisackerl gar zu viel ist.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

SIE

Mit Schirm, ohne Charme und schon gar nicht mit Melone: So könnte man die Wochenbeginn-Stimmung des Wetterfroschs gegenüber skizzieren. Ein bisserl war es der Montagsblues, der ihm ein kleines, unrasiertes Regengesicht beschert hat. Eher aber die Tatsache, dass er in Sachen Gassigehen dran war. Also lamentierte er: Du schlenderst tagelang bei Sonnenschein durch die Gegend. Und ich Pechvogel muss jetzt mit Gackisackerl und Schirm gleichzeitig jonglieren, damit ich nicht komplett nass werde.

Nicht aus Zucker

Armer, grauer Kater. Fast hätte ich jenen Stehsatz bemüht, den meine Mama einst bei Tiefdruckgebieten aus ihrer „G’scheite-Sprüchlein-Schatztruhe“ zog: „Du bist ja net aus Zucker.“ Eh. Stimmt. Sind wir alle nicht. Nur so: Selbstverständlich schätzt mein Zuckergoscherl das Nass im Sinne der Natur. Vorausgesetzt, er kann dessen Rauschen – im Ohrensessel seines Vertrauens lungernd, mit einem guten Buch in der Hand – entspannt lauschen.

Doch das Leben ist keine Trockenübung: Der Hund muss raus. Nicht nur: Dem ist noch dazu völlig wurscht, ob es schüttet, während er sein Haxerl hebt. Folglich muss sich Herrli vor jeder Gassirunde mit einem halbstündigen Survival-Ritual gegen sein Schauern namens Regen rüsten. Ein nervöses Suchen (nach der wirklich hundertprozentig wasserdichten Jacke), Rütteln (um die Funktionsfähigkeit des überdimensionalen Schirms zu prüfen), Zupfen (um die Hose in die wirklich wasserdichten Gummistiefel zu stopfen) und Durchatmen (um sich  zu beruhigen und seine Seele wirklich wasserdicht zu machen).

Erst dann ertönt der Ruf: Gusti, gemma! Der trottet dann tiefenentspannt wie ein Yogi herum, schenkt sich extralange Pinkelzeit und dem Herrli so manchen Blick des Mitgefühls. Und der Klugheit, denn könnte er sprechen, würde er Hundepapa wohl einen Karl-Valentin-Gedanken ans Herz legen: Weißt du, Herrlibärli, ich liebe den Regen, denn wenn ich es nicht tue, regnet es trotzdem.  

gabriele.kuhn@kurier.at / facebook.com/GabrieleKuhn60

ER

Hündin Mimi  signalisierte einst unmissverständlich: Wenn’s regnet, ist es nicht lustig. Also drückte sie sich widerwillig die Hausmauern entlang, erledigte hurtig, was zu erledigen ist, und setzte den Fertig-und-jetzt-zurück-Blick auf. Genau genommen vermittelte sie mir sogar, dass sie in Wahrheit nur mir zuliebe das Haus verließ. Herr Gustav ist anders. Der schnofelt auch im strömenden Regen in der Wiese herum, als wäre dort ein  Jahrhundertknochen vergraben, und trippelt klatschnass in wohliger Gelassenheit durch den Bezirk.

Das weiß auch meine Frau. Weshalb dunkle Wolken am Himmel nicht nur verlässlich Niederschläge bringen, sondern auch Whatsapp-Nachrichten: Miiiichiiiii? … Herzerl-Emoji ... Ich geh’ eh so oft mit Gusti! Stimmt. Dass dieses Engagement allerdings auch mit einem außergewöhnlich sonnigen Sommer zusammenhängt, bleibt unerwähnt.

Expedition

Und wer in einer Regennacht jemals mit lediglich zwei Händen Leine, Schirm, Handy (wegen der Taschenlampe) und Gackisackerl koordinieren musste, um in der Dunkelheit einer Strauchlandschaft für Sauberkeit zu sorgen, der stellt sich eben die Frage: „Warum ich?“ Zumal es nicht so ist, dass eine – den gustav’schen Bedürfnissen widersprechende – schnelle Runde Standard sein darf. Gnä Kuhn bringt das am dritten Tag meiner Dauerregenexpedition auch klar zum Ausdruck: Aber bitte nicht nur um den Block, der Hund braucht Auslauf. Was ich (nicht) brauche, ist sekundär.

Also habe ich mir angewöhnt, mich zu adjustieren, als müsste ich mich im Amazonas-Delta auf die Suche nach Rundschwanzseekühen machen. Während die Stubenhockerin meines Herzens Mozart hört, das Prasseln (draußen) beobachtet und von sich selbst belustigt Nachrichten tippt wie: Na Männer, alles feuchtfröhlich? Da Gustav Besseres zu tun, antworte nur ich: „Apropos Tropfen, ist Veltliner eingekühlt?“ Und sie: Selbstverständlich, du Held. Schon scheint gewissermaßen wieder die Sonne.

michael.hufnagl@kurier.at / facebook.com/michael.hufnagl9

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