Ihre Majestät, die Bohnensuppe

Ihre Majestät, die Bohnensuppe
Wie sich ein ursprünglich kurz geplanter Marktbesuch zu einem viertelstündigen Vortrag entwickeln kann.
Mirad Odobašić

Mirad Odobašić

Ein Marktbesuch kann an sich lässig, mitunter aber auch sehr mühsam sein. Das durfte ich kürzlich am Meiselmarkt erfahren. Der im Normalfall dreiminütige Besuch des kleinen Balkanshops meines Vertrauens entwickelte sich zu einem viertelstündigen Vortrag zweier Jugo-Omas. 

Ausgelöst wurde dieser von meiner vermeintlich harmlosen Randnotiz, ich würde mich endlich zum ersten Mal in meinem Leben an die Zubereitung der Lieblingsspeise (fast) aller Ex-Jugoslawinnen und -jugoslawen wagen.

Salonfähig

Alle, die an dieser Stelle an Ćevapčići denken, werden überrascht sein, denn: Die Rede ist hier von der Bohnensuppe. "Grah" oder "pasulj", also schlicht Bohne, wird in Ex-Jugoslawien das Gericht genannt, das im Gegensatz zur Wahrnehmung etwa hierzulande, viel mehr als bloß eine Suppe ist. Grah ist, ähnlich wie Jugoslawien, erst spät salonfähig geworden. 

Habe man es früher nur dem Bundesheer und dem schlichten Arbeiter aufgetischt, findet es sich heute auf den Speisekarten feiner Restaurants wieder. Diesem Essen zu Ehren werden heute sogar Festivals und „Bohnensuppen-Olympiaden“ abgehalten. Grah ist aber auch zu einem Statussymbol geworden – je nachdem wie viel und von welchem Fleisch darin schwimmt.

Rezept

Dementsprechend erhitzen sich also die Gemüter, wenn es um die Zubereitung geht. "Mein Sohn, du musst die Bohnen dreimal auswaschen, nicht mehr und nicht weniger", predigte die eine Meiselmarkt-Oma. "Ach, was, viel wichtiger ist, dass du sie über Nacht einweichen lässt", konterte die andere.

Während sie sich um das richtige Rezept stritten, spürte ich den Druck in mir wachsen. Mein Blick wanderte zu den Ćevapčići am Stand nebenan. "Grillen ist doch viel einfacher", dachte ich, widerstand jedoch der Versuchung. 

Meine erste Bohnensuppe schmeckte übrigens zumindest meiner Frau. Ist ja klar, wurde schließlich nach ihrem Rezept gemacht.

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