Kralicek geht essen: Mei Schnitzel is ned deppert!

Wäre das Wiener Schnitzel eine politische Partei, hätte es in Österreich die absolute Mehrheit. Das erklärt vielleicht, warum rund um das Schnitzel gerade ein kleiner Kulturkampf ausgetragen wird.
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Seit der Bundeskanzler das Schnitzel im Zuge seiner Normalitäts-Kampagne zum Grundnahrungsmittel des Normalbürgers erklärt hat („Kein Mensch muss ein schlechtes Gewissen haben, wenn er ein Schnitzel isst!“), ist die Leibspeise der Nation zum Politikum geworden. Der bisher radikalste Beitrag zur Schnitzel-Debatte kam von Karl Nehammers schärfstem Kritiker, dem Falter-Herausgeber (und Kochbuchautor) Armin Thurnher, der in seiner „Seuchenkolumne“ Folgendes behauptete: „Ein Schweinsbraten, wenn schon, der ist normal. Ein Schnitzel ist pervers.“

Aber gießen wir nicht noch mehr Öl in die Pfanne, lassen wir das Schnitzel im Dorf, setzen wir uns an den Verhandlungstisch. Was spricht gegen das Schnitzel, was dafür? Dagegen spricht, dass Tiere sterben müssen – für das Original-Wiener sogar süße Kälbchen! – und dass besonders die Panier nicht dem entspricht, wozu Ernährungsexpertinnen dringend raten würden. Dafür spricht, dass es halt einfach unwiderstehlich ist.

Wiener Schnitzel ist Fleisch, das nicht wie Fleisch aussieht, auch das macht es so mehrheitsfähig. Auf Schnitzel können sich fast alle karnivoren Österreicherinnen und Österreicher einigen, nur an der richtigen Beilage scheiden sich die Geister: Petersilerdäpfel oder Erdäpfelsalat? (Reis geht auch.) Mit Preiselbeeren oder ohne? (Faustregel: je Westen, desto Preiselbeeren.) Das Schnitzel ist so populär, dass es auch an den radikalen Tellerrändern unserer Gesellschaft gern genommen wird. Wenn gerade niemand hinschaut, bestellen in Österreich wahrscheinlich sogar Vegetarier hin und wieder Schnitzel (wobei die dann vermutlich wirklich ein schlechtes Gewissen haben). Und ganz bestimmt isst auch Armin Thurnher insgeheim Schnitzel, der Mann ist ja nicht blöd.

Die Herstellung eines Schnitzels ist allerdings nichts für schwache Nerven. Zuerst wird das Fleisch mit einem Pracker platt gemacht, dann wird es gemehlt, geeiert und gebröselt – und schließlich wird es in siedend heißem Fett herausgebacken. Ganz normal ist das alles sicher nicht. Aber was kann das Schnitzel dafür, dass wir so pervers sind, es zu lieben?

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