Kralicek geht essen: Das Frühstück

Frühstücken ist nicht wirklich alltagstauglich, eher ein Fall fürs Wochenende oder den Urlaub.
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Die deutsche Band Foyer des Arts veröffentlichte 1986 ein Album mit dem schönen Titel „Die Unfähigkeit zu frühstücken“. Ich schließe mich dem Titel vollinhaltlich an, zumindest fällt mir das Frühstücken nicht ganz leicht. Es fängt schon damit an, dass man nicht so genau weiß, was man davon halten soll. Einerseits ist immer wieder zu lesen, das Frühstück sei die wertvollste Mahlzeit des Tages. Andererseits sagt meine Ärztin, ich solle am besten ganz darauf verzichten (sie nennt es „Intervallfasten“, glaube ich).

Frühstück ist ganz okay, ich hab nur selten Zeit dafür.

Ich finde beide Positionen zu extrem. Frühstück ist ganz okay, ich hab nur selten Zeit dafür. In der Früh hab ich es meistens eilig, oder zumindest sollte ich längst am Schreibtisch sitzen und was arbeiten. Entspannt ist die Situation jedenfalls fast nie; keine guten Voraussetzungen für das Einnehmen einer Mahlzeit. So beschränkt sich mein „Frühstück“ meist darauf, dass ich in der Küche im Stehen den ersten Kaffee des Tages und im Idealfall ein frisches Croissant zu mir nehme (sonst halt irgendein Weckerl von gestern, wenn nicht überhaupt gerade „Intervallfasten“ angesagt ist). Aber wie ernst kann man ein Essen nehmen, für das man sich nicht hinsetzt und bei dem man noch nicht einmal richtig angezogen ist?

Frühstücken ist nicht wirklich alltagstauglich, eher ein Fall fürs Wochenende oder den Urlaub. Anders herum gesagt: Wenn du Zeit zum Frühstücken hast, dann muss Sonntag sein. Im Urlaub kommt hinzu, dass man sich das Frühstück selten selbst zubereiten muss, die Frühstückspension heißt ja nicht ohne Grund so. Auch im Café zu frühstücken, kann sich wie Urlaub anfühlen. Am allerbesten aber ist das Frühstück auf Dienstreisen im Hotel. Man muss es dann nicht nur nicht selbst machen, sondern nicht einmal selbst bezahlen. Selbst wenn der Chef knausert und auf der Spesenrechnung nur ein billiges Hotel genehmigt, wird das Frühstücks- angebot dort in der Regel ziemlich okay sein (schlechtes Frühstück anzubieten, kann sich heutzutage kein Hotel leisten). Vor allem aber kommt in diesem Moment garantiert dieses ganz spezielle Urlaubsgefühl auf – und das, obwohl man doch eigentlich gerade bei der Arbeit ist. Besser geht’s nicht. Frühstücken für Fortgeschrittene.

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