Lieber Herr F., auch wenn es einen praktischen Hintergrund für Ihr Geschenk zu geben scheint, ist ein neues Auto zum ersten Jahrestag ein wirklich großzügiges Geschenk. Mit ihrer Warnung haben Ihre Freunde allerdings recht. So leicht, wie Sie offenbar annehmen, ist es nämlich nicht, ein Geschenk zurückzuverlangen.
Gemäß § 948 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) kann eine Schenkung nur dann widerrufen werden, wenn der Beschenkte sich gegen den Schenker eines groben Undanks schuldig macht. Unter grobem Undank versteht das Gesetz aber mehr, als Sie offenbar annehmen. Grober Undank im Sinne dieser Gesetzbestimmung liegt nämlich erst dann vor, wenn der Beschenkte den Geschenkgeber am Leib, an der Ehre, an der Freiheit oder am Vermögen verletzt. Diese Verletzung muss auch noch so schwer sein, dass sie gerichtlich strafbar ist.
Voraussetzung des Widerrufs einer Schenkung wegen Undanks ist daher, dass sich der Geschenknehmer einer strafbaren Handlung gegen den Geschenkgeber schuldig macht. Ein Widerruf der Schenkung wäre daher bei einer Körperverletzung oder einer Ehrbeleidigung, aber auch bei einem Diebstahl möglich. Alle diese Delikte müssen sich gegen den Geschenkgeber oder dessen nahe Angehörige richten, nicht nur gegen andere Dritte. Das strafbare Verhalten muss darüber hinaus natürlich auch erst nach der Schenkung gesetzt worden sein. Ein Strafverfahren muss hingegen nicht eingeleitet worden sein.
Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kommt ein Schenkungswiderruf auch wegen des Delikts der beharrlichen Verfolgung (Stalking) in Frage. Dies allerdings nur dann, wenn einerseits tatsächlich der Tatbestand objektiv und subjektiv erfüllt ist und sich die Verfolgungshandlungen zusätzlich als grober Undank darstellen.
Nicht jede strafbare Verfolgung ist demnach als grober Undank anzusehen, der ein Widerrufsrecht des Geschenkgebers begründet, sondern nur eine solche Handlung, die schwer genug erscheint, um die Entziehung des Geschenks zu rechtfertigen.
Insbesondere ist auch erforderlich, dass der Beschenkte den Geschenkgeber durch seine strafbaren Verfolgungshandlungen kränken wollte. Das wäre beispielsweise nicht der Fall, wenn der Beschenkte den Geschenkgeber nach der Trennung nur deshalb beharrlich verfolgt, weil er die Lebensgemeinschaft wieder herstellen möchte. In diesem Fall sieht der Oberste Gerichtshof keine Verletzung der Dankespflicht, die einen Widerruf der Schenkung rechtfertigt.
Ihr großzügiges Geschenk nach einer Trennung zurückzuverlangen ist daher nur in Ausnahmefällen möglich. Die Tatsache alleine, dass die Trennung von Ihrer Lebensgefährtin ausgeht, reicht jedenfalls nicht aus, um Ihr Geschenk zurückzuverlangen.
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