Johannas Fest: Spargel und Morcheln
Maizeit ist Freuzeit! Die Natur ist in all ihrer Farbenpracht und Formenvielfalt explodiert, die Vögel haben ihre Nester gebaut, aus denen die hungrige Brut ihre Hälse streckt, und die Temperaturen laden zu Vergnügungen unter freiem Himmel ein. Alle Jahre wieder bitten wir im Wonnemonat Freunde zu einem Frühjahrsdinner zu uns nach Hause. Zu acht wollten wir heute Abend genießen, was gerade Saison hat, am Markt käuflich zu erwerben und in der Natur zum Nulltarif zu sammeln ist.
Apropos Sammeln: Glück gehabt – die Pirsch am Freitag war erfolgreich. Gleich in der ersten halben Stunde haben wir so viele Morcheln gefunden, dass es locker für eine delikate Sauce über den weißen Spargelstangen reicht.
Auf den Tellern wird sich dann die Königin der Gemüse mit den schmackhaftesten Frühlingsspeisepilzen zu einem sensorischen Feuerwerk vermählen. Neben den weißen Spargelstangen habe ich beim Bauern vor Ort auch grüne erworben, die ich in Tempurateig knusprig herausbacke und auf selbst gepflücktem Wildkräutersalat serviere. Für den Spargelerwerb habe ich eine sichere „erste“ Adresse.
Mit den Morcheln ist das schon schwieriger. Sie zu finden, verlangt nicht nur gute Augen, sondern immer häufiger auch starke Nerven. Morcheln tragen Hüte in der Tarnfarbe sandgrau bis beige und verstecken sich meist unter hohen Gräsern oder Bärlauchblättern. Diesmal haben wir sie nicht in den Donauauen, sondern in einem Auwald an der Ybbs gefunden.
Die Ausschau nach diesen Bodenschätzen wird aber zunehmend zum Abenteuer: Waren es traditionell die Jäger, die die Schwammerlsucher hassten, weil sie ihnen das Wild aufscheuchten, erleben wir in den vergangenen Jahren höchst unangenehme Kollisionen mit Bauern. Warum sich diese darüber aufregen, dass man eine Wiese betritt, auf der noch gar kein Gras steht, ist ein Rätsel. Ob Pilzfund-Neid dahintersteckt oder genereller Hass auf Wanderer, werden wir einmal mit einer Soziologin erkunden.
Zusammenrücken
Jedenfalls ist die Suche nach Morcheln am erfolgreichsten, wenn man gewisse Betretungsschilder geflissentlich übersieht. Schließlich gibt’s keine Morcheln ohne ihre Wirtsbäume, die Eschen. Und die werden wegen des aus Asien eingeschleppten Pilzbefalls durch den „Hymenoscyphus fraxineus“ massiv geschlägert, weshalb die entsprechenden Forstgebiete zu Sperrgebieten mutieren.
Den bunten Blumenschmuck, der bei keinem Frühjahrsdinner fehlen darf, habe ich vergangenes Wochenende aus unserem Garten in Niederösterreich mit nach Wien gebracht: gefüllte und ungefüllte Pfingstrosen in Lachsrosa, purpurroten Rhododendron und violetten Flieder.
Überraschend hat sich vor ein paar Tagen noch ein viertes Paar angemeldet, das ursprünglich dieses Wochenende im Ausland sein wollte. Kein Problem, wir rücken zusammen. Lieber zwei mehr als zwei weniger, lautet die aktuelle Devise. Schließlich ist die Tatsache, dass wir wieder ganz entspannt mit Freunden genießen können, neben Spargel, Morcheln, Erdbeeren und Rhabarber wohl die beste Zutat, die uns der diesjährige Wonnemonat Mai beschert. Erst die neue Gemeinsamkeit macht unser Frühjahrsdinner zum richtigen Festmahl!
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