Johannas Fest: Einladungen und Risiken
Also gleich vorweg das Eingeständnis meines Versagens: Der vor 21 Tagen an dieser Stelle publizierte Plan, unseren Cocker-Spaniel zum Pilze-Suchhund auszubilden, ist kläglich gescheitert. Vergangenes Wochenende haben wir wieder einmal eine Wald-Inspektion vorgenommen.
Das Resultat unserer Jagd auf die essbaren Hutträger war eine astreine Niederlage: Gefunden haben wir nichts außer ein paar Flaschenboviste, mehrere Hallimasche und Schopftintlinge.
Mein Freund Alexander, selbst ein großer Hundeliebhaber und -kenner, erklärt mir, warum das „Such den Pilz!“-Indoortraining mit unserem vierpfötigen Familienmitglied zwar in der Wohnung, nicht aber in der Natur funktioniert. „Der ganze Waldboden riecht nach Pilzen. Ein Hund kann daher selbst mit seiner superfeinen Schnupper- nase nicht spezifische Düfte wie jenen der gewünschten Steinpilze, Eierschwammerln, oder Birkenröhrlinge differenzieren. Trüffel hingegen hätten einen so intensiven und unverkennbaren Duft, dass ein auf deren Auffindung trainierter Fellgefährte sie unter allen übrigen olfaktorischen Eindrücken herausdestilliert.
Während wir uns unterhielten, kam eine WhatsApp- Meldung herein: „Der Wald ist voller Parasole!“ meldete mein Freund Christoph. „Schön für Dich!“ funke ich etwas neidig zurück. Christoph schickt Anschauungsmaterial nach: ein halber Esstisch voller knackiger Riesenschirmpilze und die Essenseinladung für Montagabend. – Jubel!
Während wir an der Küchenbar saßen und unserem Gastgeber bei der Zubereitung des Festmahls zusahen, brachte Christoph ein interessantes Thema auf: potenzielle Gefahren bei Einladungen.
„Jemanden zu Gast laden, heißt, für sein Glück sorgen, solange er unter unserem Dache weilt“, definierte der französische Gastrosoph Jean-Anthèlme Brillat-Savarin 1826. Gäste, die eine Einladung im privaten Rahmen annehmen, vertrauen darauf, dass der Gastgeber ihnen Gutes widerfahren lassen will – auf kulinarischer ebenso wie auf atmosphärischer und gesellschaftlicher Ebene.
Tödliche Gefahren
Routiniert schwenkt Christoph die Pfanne, in der die panierten Pilze im siedend heißen Öl schwimmen und zählt nebenher mit Essenseinladungen verbundene Risiken auf: Zum Beispiel, dass man neben einer Person sitzt, mit der man etwa wegen ihrer Weltanschauung gar nicht harmoniert. Auch die Tischnachbarschaft mit einem Menschen, den man wegen seiner Ausdünstung nicht riechen kann, wird zur Qual. Gar nicht gut aufgehoben ist man in der Regel neben Dauerrednern, Alleinunterhaltern oder eisernen Schweigern.
Während das Backgut beginnt, goldbraune Farbe zu nehmen, steigert der Herdkünstler das Gefahrenszenario: Man könnte sich bei einer Einladung auch infizieren. Last; not least: Im Frühjahr passiert es immer wieder, dass unerfahrene Sammler statt Bärlauch hochgiftige Maiglöckchenblätter heimbringen und im Herbst ungenießbare Pilze.
Ich beobachtete meinen Mann, der für gebackene Parasole jedes Wiener Schnitzel stehen lässt. Wenn ich mit den gemeinen Riesenschirmlingen heimkomme, fragt der Göttergatte stets, ob ich eh ganz sicher sei, dass es sich nicht um giftige Doppelgänger seiner Lieblingspilze handle. Erst wenn ich die ersten Bissen zu mir genommen habe, beginnt auch mein Mann zu essen. – Alles reine Vertrauenssache!
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