Johannas Fest: Darf man sich selbst einladen, wenn man alles mitbringt?

"Beide Wege, das Sich-selbst-einladen-und- alles-Mitbringen sowie Das-Essen-und-die-Tafel- Umleiten, wirken wohl auf den ersten Blick etwas unkonventionell, sind aber zielführend", schreibt Gastrosophin.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Lotte und Michael haben uns verlassen. Sie sind zwar nur einen Ort elf Kilometer weiter weg von unserem Zweitwohnsitz gezogen, aber damit sind eine Menge unvergesslicher Erlebnisse Geschichte. Sie haben in einem Haus direkt am Wasser, gegenüber von unserem Badeplatz gewohnt. Vorbei die spontanen Zurufe von ihrer Terrasse „Wir kommen auch gleich“ und der formvollendete Köpfler, mit dem die nixengleiche Tochter Nora zum Überqueren der Ybbs anhob. Vorbei die Abende am romantischsten Grillplatz der Welt, der wegen der dichten Baumgruppe uneinsehbar von der Gegenüberseite ist, aber doch einen Durchblick auf dieselbe gewährt. Gegrillt wurde in einem leeren, von alten Ziegeln gesäumten Beet mit einem schlichten Gitterrost über der Kohle. Alles war so einfach, dass es fast an Pfadfinder-Romantik erinnerte: Man saß auf simplen Heurigenbänken, die Tafel bestand aus einem großen Holzbrett auf zwei Böcken. Irgendwann gesellte sich noch Kater Kiko schnurrend zur Tischgesellschaft und checkte, ob auch für Stubentiger geeignete Leckerbissen anfielen. Wenn dann die Nacht über den lauschigen Platz hereinbrach, sah man den silbrig schimmernden Mond durch die Bäume, der die sanft dahinfließende Ybbs beleuchtete, in der sich die Silhouette der Stadt widerspiegelte.

Einmal wollte ich das unbedingt noch erleben! Natürlich kann man sich nicht bei Freunden einladen, die gerade mit Sack und Pack, zwei Kindern, einem Hund und zwei Katzen am Übersiedeln sind – außer man wendet den „Gerd-Trick“ an. Der lautet: „Wir bringen alles mit; das Grillgut, die Salate, die Getränke, die Gläser, das Besteck und die Teller auch.“ Am Nachmittag rief mich Michael, der dem Versprechen wohl nicht hundertprozentig vertraute, noch an und fragte: „Was können wir denn dazu beitragen?“ „Ihr müsst nur die Glut machen“, antwortete ich. Es wurde wieder ein Abend der Superlative, auch wenn sich schon etwas Wehmut, die Wehmut des letzten Males eben, mit einmischte.

Selbsteinladung mit Stil

Gerd, der Einfallsreiche, ist Architekt. Die besten Vertreter seiner Zunft haben immer kreative Lösungen auf Lager. Gerd ist ein Spezialist für Atmosphärenzauber und Erlebnisprogrammierung. Und er versteht notgedrungen auch eine Menge von Logistik. Vor Jahren hat er sich mit eben diesem „Wir bringen alles mit“-Versprechen bei mir eingeladen, als ich gerade gar keine Zeit hatte, weil ich am nächsten Tag einen bis dahin erst halb fertigen Artikel abzugeben hatte. Es ging sich aus, denn mir blieb wirklich gar nichts zu tun, außer, die Gäste einzulassen.

Gerd ist übrigens kein Einbahndenker: Vor Kurzem erzählte mir der Vater von drei Schulkindern, dass ihn ein befreundetes Paar seit Monaten zu sich einladen wollte. Die Gastgeber wohnten zwar auch in Wien, aber am ganz anderen Ende, also die Fahrzeit im Auto hätte schon eine gute Stunde gedauert.

Zwei Stunden Autofahren und das durch die sommerliche Gluthitze? Nein danke! Schon gar nicht, wo es im eigenen Garten am schönsten war. Der viel gefragte Gestalter von Häusern, Hotels und Restaurants setzte auf Heimvorteil: „Machen wir es doch so“, schlug er den Freunden vor, „ihr bringt alles mit und wir grillen bei uns im Garten.“

Beide Wege, das Sich-selbst-einladen-und- alles-Mitbringen sowie Das-Essen-und-die-Tafel- Umleiten, wirken wohl auf den ersten Blick etwas unkonventionell, sind aber zielführend. Denn das Ziel ist das Zusammenkommen mit Freunden – und das ist immer lohnend!

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