Herbstferien-Reisen: Da hat der Minister etwas missverstanden

Anschober sagt: Bleibt in den Herbstferien daheim. Es stellen sich dazu eine Reihe an Fragen.
Axel Halbhuber

Axel Halbhuber

Ein kleiner Satz im Ö1-Morgenjournal. Gesundheitsminister, angesprochen auf die Herbstferien: „Da ist mein Appell, möglichst, wenn es irgendwie geht, zu Hause zu bleiben und keine größeren Urlaubsreisen zu tätigen.“

Da fragt sich der Corona-geschulte Hörer und Leser: „Warum eigentlich?“

Eigentlich musste Gesundheitsminister Rudolf Anschober im Morgenjournal erklären, warum die am Montag angekündigte Verordnung bis Freitag nicht fertig ist. Das darf man einen Minister, dessen Ministerium üppig mit juristischem Personal ausgestattet ist, und das sich nun seit einem halben Jahr auf das Schreiben von Verordnungen eingrooven hätte können, schon fragen. Naja, hoffen wir einfach, dass wir nie echt schnelle Notverordnungen brauchen werden.

Die Anschoberart und die Pädagogik

Er deklinierte die Antwort in Anschoberart herunter (verständnisvolles Schmunzeln am Anfang, Darlegung der Komplexität in der Mitte, getragene Zuversicht gegen Ende und Appell an das Volk am Schluss). Immer streng an der Richtschnur der Rationalität. Bis es eben zur Frage kam, wie Menschen sich in der kommenden Woche verhalten sollen. An dieser Stelle schwenken Regierende derzeit gerne von Rationalität auf pädagogische Dramatik um. Dass sich dabei der Verweis auf Eigenverantwortung immer etwas mit entmündigenden Handlungsanleitungen schlägt, ist ihnen egal.

Warum soll man denn nun also daheim bleiben? Weil es zuhause so sicher ist, Herr Minister? Weil das Konzept der Reisewarnungen und Ländereinfärbungen seit Wochen so toll aufgeht? Weil die „Böses, böses Ausland“-Doktrin Österreichs die Ansteckungszahlen im Land niedrig gehalten hat? Oder weil Deutschland, das es Österreich ja faktisch nur nachgemacht hat, nun selbst damit scheitert?

Oder weil sich seit Wochen zeigt, dass Ansteckungen durch (Rück)Reisende bei höchstens fünf Prozent der Gesamtansteckungen liegen? Weil hingegen die Ansteckungen durch Menschen, zu denen man wenig Abstand hält (Familie, Freunde, vertraute Kollegen) hingegen jenseits der siebzig Prozent liegt? Könnte es nicht sein, dass man im Urlaub schlicht nicht so eng mit Menschen zusammensteht wie im persönlichen Umfeld?

Oder sollen wir nicht wegfahren, damit österreichische Hoteliers und Touristiker sich ihre teils mühsam und teuer erarbeiteten Sicherheitskonzepte so richtig in die Haare schmieren können?

Die Toten könnten warten

Vielleicht ist es gar nicht die schlechteste Idee, in den kommenden Herbstferien Luft zu schnappen, Herr Minister. Auf der Tiroler Alm und im steirischen Hügelland, auf dem Rad und in der Ferienwohnung. Und dabei natürlich Abstand zu halten, nicht an der Bar zu stehen und und und. Und, wie der Minister dann noch zum Thema Allerheiligen gesagt hat: „Die Gruppenbildung zu vermeiden.“

Interessanter Weise hat er von den Friedhofsbesuchen nicht grundsätzlich abgeraten. Dabei könnte man die doch eigentlich ganz gut aufschieben, oder?

axel.halbhuber@kurier.at

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