Beim Weinen haben wir die Nase vorn

Die Bezirke 1 bis 20 sowie 22 und 23 müssen jetzt stark sein. Flodorf gewinnt schon wieder.
Barbara Beer

Barbara Beer

Oft glaubt man, man ist allein mit seinen Spinnereien. Wer, außer den Mitgliedern des Redaktionskomitees der Wiener Ansichten, vermisst schon G’stettn?

Ziemlich viele KURIER-Leser, stellte sich nach der Kolumne der Vorwoche heraus. Brigitte W. etwa berichtet von einem verwilderten Garten am Ende der Hernalser Heuberggasse, wo sie und ihre Schwestern einst „Bandenkriege“ führten. Those were the days my friend, schreibt sie. (Ja, jetzt haben Sie einen Ohrwurm, stimmt’s?)

Die Erinnerung an unverbaute Wiesen ist für viele ein richtiger Herzausreißer. Doch die Bezirke 1 bis 20 sowie 22 und 23 müssen jetzt bitte ganz stark sein. Denn es hat sich herausgestellt, dass, wie das Redaktionskomitee im jahrelangen Selbstversuch getestet hat, die Floridsdorfer auch in Sachen Sentimentalität die Nase vorn haben. Wir weinen ja schon, weil aus einst staubigen Feldwegen nun asphaltierte Straßen geworden sind.

Leserin Gabriele R., am Floridsdorfer Bruckhaufen aufgewachsen, hat die Sehnsucht nach der G’stettn quasi in der DNA und klagt, dass heutzutage alles verbaut werde. Walter F., 1982 nach Gerasdorf gezogen, erinnert sich an den unverbauten Blick nach Stammersdorf, wo nur Felder und das Heeresspital lagen. Traurig über das Verschwinden des Vorstadtgefühls ist auch Silvia H., weiß jedoch den Hinweis des Redaktionskomitees auf die liebenswerten Seiten des unterbewerteten 21. zu schätzen: „Ich freue mich, dass Sie so nett über unser Flodorf berichtet haben.“

Und dann ist da Leser E.D.. Er hat sich nach der Lektüre der Kolumne über die G’stettn und das Dorf, das Floridsdorf einmal war, auf sein Rad gesetzt. Auf der Suche nach der Vergangenheit ist er fündig geworden: „Ich hab mich gefreut, dass es den Holzmann noch gibt.“ Der Holzmann ist ein Eisenwarenhändler auf der Brünnerstraße. Gegründet 1860, hält er altmodische Werte wie persönliche Beratung hoch. An der Tür hängt ein Gedicht einer dankbaren Stammkundin.

Flodorf ist irgendwie immer noch ein Dorf.

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