Fabelhafte Welt: Kein Baby mehr! Echt jetzt?

Von wegen für immer jung. So ist es also, wenn man daran erinnert wird, dass man älter wird.
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Mein 13 Jahre jüngerer Cousin war ein ursüßes Baby. Gut erinnere ich mich an unser Kennenlernen nach seiner Geburt. Friedlich schlummernd lag er in seinem Bettchen, leuchtend wie ein unreifer Pfirsich. Und dann ist irgendetwas passiert. Ich glaube, es hat mit bösartigem Hexenwerk zu tun, denn auf einmal ist er zwei Köpfe größer als ich, hört Musik, vor der ich Angst habe, trägt Kleidung von Labels, die ich nicht einmal auszusprechen vermag, und übernachtet mit seinem „Girlfriend“ bei uns, um die „Szene am Kanal abzuchecken“.

Seit er nun volljährig wurde, darf er all die Sachen machen, von denen ich natürlich wusste, dass er sie eines Tages machen würde – ABER DOCH NICHT SO SCHNELL! Dann traf ich unlängst eine Bekannte, die ich schon ewig nicht mehr gesehen hatte. Wir schwelgten in Erinnerungen und sie meinte, sie müsse oft daran denken, wie lustig ich früher von meiner Affäre mit dem „alten Mann“ erzählt hatte. „Da musst du mich verwechseln“, sagte ich, „ich hatte nie was mit einem alten Mann.“ Sie beharrte jedoch darauf, bis ich mich erinnerte, dass ich tatsächlich mit Anfang zwanzig ein Gspusi mit einem älteren Dramatiker hatte, den ich ob seines angegrauten Brusthaars den alten Mann nannte.

Und dann wurde mir bewusst, dass der damals so alt war wie mein junger, knackiger, fescher Ehemann jetzt. Als ob das nicht schon alles schlimm genug wäre, machte ich kurz darauf den Wocheneinkauf. Da ich nur einmal pro Woche einkaufen gehe, brauche ich eine gewisse Zeit, um das Förderband zu beladen. Hinter mir murmelte ein Mädl im Alter meines Cousins: „Urarg, dass die alten Leute so hamstern, obwohl Corona over ist.“

Da platzte aus mir heraus: „Liebes Kind, präg dir diesen Moment gut ein! Nur noch ein paarmal schlafen, und du wirst ich sein.“ Das Entsetzen in ihrem Gesicht schockierte sogar mich.

vea.kaiser@kurier.at

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