Flatterhafte Zuneigung
Die Sympathie ist ein Vogerl, ein ziemlich Flatterhaftes. Ich verstehe längst nicht mehr, welche entgegenkommenden Hunde Daria sympathisch findet und welche sie zerfleischen will. Inzwischen glaube ich ja, die Sympathie hat einen Vogel, und keinen kleinen ...
Man könnte annehmen, dass man seinen Hund mit den Jahren immer besser kennenlernt. Aber was Darias Sympathien für andere Tiere angeht, wird sie mir mit der Zeit immer unheimlicher. Es ist für mich längst nicht mehr von Weitem abschätzbar, welchen Hund sie beschnuppern und welchen sie verbellen wird.
Das entscheidet sich, für das menschliche Auge (und Ohr) erkennbar, erst bei der unmittelbaren Gegenüberstellung, was auf schmalen Gehsteigen zu unerfreulichen Begegnungen führen kann. Ich habe dafür zwei mögliche Erklärungen: 1. Daria hat über die Jahre bemerkt, dass ich die Gehsteigseite wechsle, sobald sich ihr Nackenhaar sträubt und ihr Körper verspannt, damit sie den Gegner nicht verbellen kann. 2. Sie wird im Alter so seh-, hör- und riechschwach, dass sie erst aus unmittelbarer Nähe erkennt, ob sie ein anderes Tier riechen kann.
Der pubertierende Schwan
Im Urlaub sorgte das für einige Verwirrung. Eine Kuh, die uns zuerst friedlich gesonnen zu sein schien, fühlte sich plötzlich von Daria so provoziert, dass sie beschloss, den Hund und mich mit je einem ihrer Hörner im Galopp aufzuspießen (nur dank eines Elektroweidezauns gibt es uns noch). Als ich daraufhin um eine andere Kuh hinter einem Holzgatter einen großen Bogen machen wollte, stellte sich heraus, dass sich Hund und Kuh zueinander hingezogen fühlten und unterm Gatter liebevoll die Schnauzen zusammenstecken wollten.
Den jungen Schwan, der eines Tages, als wir am Seeufer entlangspazierten, neben uns herschwamm, bemerkte ich kaum – bis er plötzlich fauchte wie eine mordlüsterne Katze. Ich erschrak und flüsterte Daria zu, was ich über Begegnungen mit angriffslustigen Schwänen weiß: „Nicht wegrennen! Mach dich größer! Beug dich vor! Fauche zurück!“ Sie tat nichts dergleichen, ignorierte den pubertierenden Vogel und ging gelangweilt weiter. Als wir das Tier am nächsten Tag wieder sahen, blickten Schwan und Daria einander freundlich an. Und ich dachte nur: Die haben einen Vogel.
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