Chaos de luxe: So long, Vernunft!
Meine Augen passen zu meiner Tunika und die ist rot. „Was geht ab“, ruft mein Koch-und-Trink- Buddy, „wir wollten doch Marillenknödel machen, das ist doch wirklich nicht zum Weinen.“ Ich war völlig von der Spur, weil ich mir die Doku „Words of Love“ über die Liebe zwischen Leonard Cohen und Marianne Ihlen reingezogen hatte. Der melancholische Prinz und das weizenblonde norwegische Mädchen hatten eine wilde, leidenschaftliche Romanze auf Hydra in den Sixties, die langsam und umso schmerzhafter verendete, als Cohen beschloss, berühmt zu werden und die Insel mit dem besonderen Licht in Richtung Öffentlichkeit verließ. „Ich dachte zuvor nie, dass ich etwas Besonderes war. Leonard hatte das geändert“, sagte sie in einem späteren Interview. Sie reiste für den Rest ihres Lebens und trotz einer Ehe mit einem netten Jan mit gebrochenem Herzen. Cohen, der Verwandlungskünstler, transformierte den stufenweisen Tod ihrer Nähe in drei seiner besten Lieder: „So long, Marianne“, „Bird On the Wire“, „Hey, That's No Way to Say Goodbye“. B, Psychospezialist, sagte nur, während er den Teig rollte: „So ist das nun einmal, wenn du dich mit einem genialen Narzissten einlässt. Sie machen dich für ein paar Sekunden zur Königin der Welt, aber nur solange du ihr Sonnensystem unterstützt. Und schicken dich, sobald es bessere Sonnensystem-Unterstützerinnen gibt, in den freien Fall. Musentragödien, wohin das Auge reicht.“ – „Aber wenn du Cohen haben kannst, pfeifst du auf die netten, verlässlichen, solange du Bluttemperatur hast.“ Ich zeigte auf eine Premiereneinladung für den „Kirschgarten“ in der Josefstadt, die auf meinem Kühlschrank prangte. Auf der stand fett Tschechows Satz: „Sinn und Ziel unseres Lebens ist es, dem Kleinlichen und Mickrigen aus dem Weg zu gehen.“ Es flossen weitere Tränen in die köstlichen Marillenknödel. Und ich dachte an all die netten Jans, die ich in meinem Leben vorbeiziehen hatte lassen. Ich hoffe, es geht euch gut.
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