Chaos de luxe: Otto räumt auf
Du sollst mich nicht suchen. Aber danke für alles.“ Eine gelbe Haftnotiz (ja, sie benutzte dieses Wort) war auf dem Kühlschrank geprangt, gleich neben dem Magnet, auf dem stand: „Einen Scheiß muss ich!“ Offensichtlich hatte sich der Gatte, nennen wir ihn Otto, diese Ansage sehr zu Herzen genommen. Kein Rauchzeichen als Warnung, er hatte nichts als seine verschwitzte Sporttasche gepackt und den Picasso dagelassen. Es war nur eine Litho, aber immerhin signiert. Es war ihm also ernst. „Wir haben doch noch vorgestern Zitronenhuhn gegessen, unser Lieblingsgericht aus der Provence.“ Der Umstand, dass Otto ausgerechnet nach der Urlaubserinnerung in Huhnform abgehaut war, schien sie noch mehr zu verstören, als der Exodus selbst. Rätsel Mensch! „Und wer ist sie?“ – „Er sagt, er hat niemanden. Beziehung sei das Letzte, was ihn jetzt interessiert. Aber er möchte sein Leben noch einmal neu aufstellen, nach 17 Jahren! Es ist so schade, dass er nicht da ist. So kann ich ihn nicht einmal umbringen!“ Ich dachte an die legendäre Scheidungsanwältin, die mir in einem Interview gesagt hatte: „Kein Mann verlässt seine Hemdenbüglerin, wenn nicht schon eine neue Hemdenbüglerin in der Warteschleife kreist.“ „Du musst dich darauf einstellen, dass er längst eine Yogalehrerin/Physiotherapeutin/Krankenschwester an Land gezogen hat, auf alle Fälle irgendeine aus einer Branche, für die man eine Art Kümmer-Gen braucht.“ – „Dieses Lulu, wahrscheinlich adoriert sie ihn auch noch! Warum können Männer sich eigentlich nicht ordnungsgemäß aus Beziehungen abmelden?“ – „Weil ... naja ... Ist der Papst katholisch, scheißt der Bär in den Wald?“ Sie sinnierte kurz: „Andererseits: Ich höre schon lang keine Engel mehr singen, wenn er den Raum betritt. Und ich habe den Picasso. Eigentlich ein verdammt guter Deal. Apropos ausgehen – lass uns trinken gehen, meine Wunden balsamieren. Der einzige Pflegefall, den ich brauche, bin ich nämlich selbst ...“
Kommentare