Chaos de Luxe: Gustl, mon amour
Ich möchte eine verruchte Party geben. Eine Party mit Gästen, die tief gekränkt nach Hause gehen, und Frauen, die im cabinet de toilette ohnmächtig werden“, schrieb F. Scott Fitzgerald und ich bin in der Causa so bei ihm. Scottie, beam me there! Ich vermisse diese Phase strapaziöser Sozialgymnastik! Tatsächlich wäre ja genau jetzt die Zeit dieser unüberschaubar vielen Weihnachtssausen angebrochen, die man unter dem Arbeitstitel „Speisen und Gedränge“ zusammenfassen könnte.
Was sind sie uns nicht auf die Nerven gegangen, diese Feste, wo man in goldenen Pailletten-Bomberjacken gegen zwei Uhr morgens den ursupervollpeinlichen Ausdruckstanz hinlegte. Und diese Art beschwingter Beckenboden-Gymnastik am Morgen danach mit der Delete-Taste einfach nur aus dem Gedächtnis der Menschheit löschen wollte. Oft ist man dann noch bei einem Würstelstand gelandet und hat Obszönes wie Käsekrainer in Begleitung von einem Sechzehner-Blech mit einer Andacht verschlungen, die ansonsten einem perfekt mamorierten Kobe-Filet, umspült von Taittinger, angemessen wäre.
John Lennon
Man wäre generell dem Lamento von John Lennon „Everybody talks and nobody says a word“ ausufernd nachgekommen. Vielleicht hätte man in solchen Zuständen auch einmal einem weitaus jüngeren Mann tolldreist zugezwinkert. Und es dann auch noch wahnsinnig komisch gefunden, wenn der peinlich berührt seinen Blick abwendet. Spätestens um den 22. Dezember hätte man sich natürlich geschworen, die nächsten acht Wochen zu Hause zu bleiben – in totaler Alkoholfreiheit und bei graugrüner Gemüsebrühe.
Endlich wieder einmal in Ruhe Russen lesen und die Gewürze nach Ablaufdatum ordnen! „Die gewürzten Russen können mich langsam mal“, flüstere ich meinem Gustl zu, einem Leucht-Rentier aus Taiwan, das wie ein aus dem Ruder gelaufenes genetisches Experiment aussieht. Dieser Gustl nickte jetzt nicht unverständnisvoll.
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