Beckenrandspringen verboten

"ÜberLeben": Im Bad nur möglich dank flächendeckender Verbote.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Endlich wieder Freibadzeit. Ich liege in meinem Bad und sehe der Zeit beim Vergehen zu. (Seit 45 Jahren beobachte ich das Herren-WC beim Verfallen. Jeder neue Millimeter Riss in der Wand markiert eine Sekunde der Ewigkeit.)

Was ich an meinem Bad besonders mag: Es ist so österreichisch. Überall hängen Ge- und Verbotsschilder, vom obligatorischen „Beckenrandspringen verboten“ (obwohl nur die wenigsten Beckenränder springen) über „Sprungordnung“ (falls der Beckenrand doch springen will), „Ballspielen auf den Liegeflächen verboten“ (ist auch Liegen auf den Ballspielflächen verboten?), „Rutschgefahr“ (merke: Glattes Parkett ist in Österreich überall) bis zu „zulässige Rutschpositionen“ (falls man die Gefahr nicht scheut).

Im Bad nimmt die Beziehung von Österreichs Obrigkeit zur Untrigkeit nackte, durch keine Kleidung verhüllte Form an: Das Lärmen im Bereich der Sonnenliegen ist untersagt! (Das heißt allerdings nicht, dass es anderswo obersagt wäre. Einen Lärm-Bereich richten wir euch sicher nicht ein. Und jetzt: Ruhe.)

Denn die Obrigkeit traut uns fast alles zu: Lärmen, Ballspielen, in falschen Rutschpositionen zu rutschen, entgegen der heiligen Sprungordnung gemeinsam mit dem Beckenrand vom Beckenrand zu springen. Nicht traut sie uns zu: ohne Warnungen, Vorschriften und Gebote allein, eigenständig, nur unter Verwendung des oben am Körper dranmontierten Gehirns in einer so grausamen, feindlichen Umgebung wie einem Freibad am Leben zu bleiben.

Ein Wunder eigentlich, dass es im Bad noch kein Schild gibt wie „Länger als zwei Minuten unter Wasser zu bleiben ist strengstens  verboten!“ Oder: „Es ist nicht gestattet, das Becken leer zu trinken“. Oder auch: „Wäsche waschen im Sportbecken untersagt (verwenden Sie bitte das Erlebnisbecken)“.

Das einzige sinnvolle Schild habe ich noch nie in einem Bad gesehen: „Lulu machen im Becken verboten“. Es wäre wohl auch sinnlos – auf dieses Verbot pfeift der Österreicher.

Kommentare