Aufdringliche Spaziergänger: Ist eine Besitzstörungsklage möglich?

Aufdringliche Spaziergänger: Ist eine Besitzstörungsklage möglich?
Die Rechtsanwältin Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem großen Reich des Rechts.
Maria  In der Maur-Koenne

Maria In der Maur-Koenne

Ich wohne in einem Einfamilienhaus an der Gemeindegrenze, die an Weingärten grenzt. Die Weingärten gehören einem örtlichen Landwirt. Diese Weingärten werden gelegentlich von Personen betreten, um dort spazieren zu gehen. Die Spaziergänger kommen dann bis zum Zaun meines Grundstückes und schauen dann, was so auf meiner Terrasse vor sich geht. Ich habe schon den Landwirt von den Spaziergängern, die vor allem mich stören, informiert. Ihm ist das aber offenbar egal. Kann ich etwas gegen die Spaziergänger unternehmen? Christian A., per eMail

Lieber Herr A.,

ich kann gut verstehen, dass Sie Menschen, die direkt an Ihrer Grundstücksgrenze spazieren und dabei in Ihren Garten schauen, als störend empfinden. Gerichtlichen Besitzschutz genießen sowohl Rechtsbesitzer, also etwa selbst benützende Eigentümer, Mieter oder Pächter eines Grundstücks, als auch Sachbesitzer, also etwa der Vermieter einer Wohnung.

Als Besitzer können Sie sowohl gegen den unmittelbaren Störer, als auch gegen dessen Auftraggeber, der Abhilfe schaffen könnte, vorgehen.

Eine Besitzstörung setzt einen tatsächlichen Eingriff in den vorliegenden Besitz voraus, also eine konkrete Handlung des Störers. Durch ein aktives Verhalten des Störers muss für den Besitzer ein wirklicher oder möglicher Nachteil gegeben sein. Eine bloße Unterlassung stellt hingegen keine Besitzstörung dar.

Zusätzlich ist die Eigenmacht des Eingriffs Voraussetzung für eine Besitzstörung. Diese ist dann zu bejahen, wenn der Besitzer dem Eingriff nicht zugestimmt hat.

Darüber hinaus muss bei dem Störer auch ein Bewusstsein vorliegen, dass er gerade einen ruhigen Besitz stört. Absichtlich muss der Eingriff allerdings nicht sein. Kein Störungsbewusstsein wäre etwa dann gegeben, wenn der Störer zu Recht annehmen kann, dass der Besitzer mit seinem Tun einverstanden ist.

Gefordert wird weiters eine Wiederholungsgefahr. Diese ist aber nur dann auszuschließen, wenn der Störer nachweisen kann, dass es ihm unmöglich wäre, die gleiche Störungshandlung nochmals zu begehen.

Ein Besitzstörungsverfahren zielt auf bloße Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes und auf die Untersagung zukünftiger Eingriffe ab. Schadenersatzansprüche können nicht im Rahmen eines Besitzstörungsverfahrens geltend gemacht werden. Eine Besitzstörungsklage muss binnen 30 Tagen ab Kenntnis der Störung und des Störers bei Gericht eingebracht werden.

In dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt greifen die Spaziergänger nicht unmittelbar in Ihren Besitz an Ihrem Grundstück ein, sondern allenfalls in den Besitz des Nachbarn am Weingartengrundstück. Da also nicht Sie Besitzer der Weingärten sind, können Sie nicht selbst mit Besitzstörungsklage gegen die Spaziergänger vorgehen. Dies könnte, so er keine Zustimmung zur Benutzung seiner Weingärten gegeben hat, nur der Landwirt. Der Landwirt könnte sowohl als Eigentümer der Weingärten, als auch als Pächter gegen Spaziergänger mit Besitzstörungsklage vorgehen.

Da bloße Unterlassung keine Besitzstörung darstellt, können Sie auch gegen den Landwirt, der offenbar nicht bereit ist, Maßnahmen zu ergreifen, damit das Spazieren durch seine Weingärten nicht mehr möglich ist, nicht mit einer Besitzstörungsklage vorgehen.

eMail: rechtpraktisch@kurier.at

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