Angst vorm gepflegten Schwips? Wein bleibt ein Rauschmittel

Leichtwein ist ein Unfug. Wem vergorener Rebensaft zu gefährlich erscheint, soll bei Hagebuttentee bleiben.
Christina  Fieber

Christina Fieber

Irgendwann in den 1980iger-Jahren machte sich die „Light“-Unkultur breit – nichts was fett, süß und gut war, durfte mehr fett und süß sein. Gut war es ohnehin nicht mehr. Halbfettmargarinen und zuckerfreie Fitnessgetränke sollten einem das Dasein vermiesen. Essen und Trinken verkam zu kalorienreduzierter Nahrungsmittel- oder Flüssigkeitszufuhr. Der Unfug machte auch vor Wein nicht halt.

Die Pflicht zur Leichtigkeit scheint vor allem im Frühling und Sommer unvermeidbar: Kaum ziehen die letzten Winterfröste ab, wird dem Alkohol im Wein der Kampf angesagt. Plötzlich soll Genuss ohne Reue sein – als gäbe es an einem gepflegten Schwips etwas zu bereuen. Es ist nun mal Part of the Game: Wein bleibt ein Rauschmittel – auch wenn man noch so klug über ihn spricht. Wem das zu gefährlich erscheint, soll bei Hagebuttentee bleiben. Geschmacklich ist so mancher Leichtwein ohnehin kaum davon zu unterscheiden. Billig produziert, mit Aromahefen aufgebrezelt, werden seichte Wässerchen gerne als Sommerweine verscherbelt.

Auch in der EU machte man sich jüngst über eine teilweise oder gänzliche „Dealkoholisierung“ von Wein Gedanken. Das entspräche einem allgemeinen Trend und könne neue Märkte erschließen, so die findige Argumentation. Mit Nullprozentwein erhoffte man vor allem arabische Länder zu ködern. Nach einem Aufschrei der Italiener, die wohl zu Recht fürchteten, Wein werde nun bis zur Unkenntlichkeit mit Wasser gepanscht, ruderte die Kommission wieder zurück. Barolo light oder Zero Brunello für Figurbewusste – man mag es sich nicht vorstellen.

flaschenpost@kurier.at

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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