Wir sind fast wie Zwillingsschwestern

Zeugen der Verwandlung von Rainer und Julia in Lore und Leo
Blicke hinter die Kulissen des Clownduos „Lore und Leo“ im Theater Olé beim Clownfestival. Nun auch mit SchauTV-Beitrag

Im Prinzip spielen auch „Lore & Leo“, wie sich das clowneske Duo aus Kärnten nennt, an diesem Nachmittag bei „Hänsel und Gretel“ keine ganz andere Geschichte, sondern das Märchen, wie es aus der Sammlung der Gebrüder Grimm bekannt ist. Was sie nicht tun, auf Angst und Mitzittern zu setzen. Und sie starten vor der Geschichte mit klassisch slapstickartigen Tollpatschigkeiten beim Vermessen der Bühne und der Suche nach den Bäumen für ihren Wald (Regie Ilka Kotal, eine der Direktor_innen des Clowntheaters Olé). Die Lacher wirklich aller im Publikum sind ihnen sicher. Das Eis ist selbst für noch ungewohnte junge und jüngste Theaterbesucher_innen gebrochen.

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Zeugen der Verwandlung

Kinder-KURIER und SchauTV dürfen Julia Stampfer und Rüdiger Reiner (sie aus Klagenfurt, er aus Villach, beides Kärnten und dort eher eine Städterivalität) bei der Verwandlung in Lore und Leo zuschauen: Nicht allzu viel Schminke, Sie macht sich zwei Zopferln und frisiert die zurecht, er ordnet die kurzen Haare und schmiert ein wenig Gel drauf. Vor allem aber – und das ist der magische Moment – setzen sie sich ihre Nasen auf. „Sobald ich die Nase aufsetze wird aus der Lore die Julia. Die ist aber ganz nahe bei mir, wir sind fast wie Zwillingsschwestern“, erzählt Stampfer. Auf die Kiku-Frage, ob sie dann nicht manchmal miteinander streiten, meinte die Noch-Julia: „Nein, wir tricksen uns gern gegenseitig aus aber streiten tun wir nicht.“

Aber wie?...

Aber wie trickst die Lore die Julia oder umgekehrt aus, wenn das ein und dieselbe Person sind?
„Naja, jetzt bin ich noch die Julia und wenn ich die Nase auf hab, bin ich die Lore. Und es ist das Schöne, dass ich mich so auch immer wieder selbst überraschen kann.“

Aber wie geht das, du weißt ja, was du selber machst und denkst?
„Das geht so spontan, ein neues Spiel, wo ich mir im Nachhinein denke, damit hätt ich jetzt nicht gerechnet.“

Julia hat nach der Matura berufsbegleitend das studiert wonach sie schon viel früher Lust hatte: Schauspiel. „Ich wollte zuerst ganz große Dramen spielen, die Menschen zum Weinen bringen und hab dann gemerkt, dass mir Humor viel, viel mehr liegt und selber mehr Freude macht.“

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Krankenhaus-Clowns

Rüdiger Reiner schildert den Beweggrund für seine Laufbahn so: „Für mich war die Arbeit von den Krankenhaus-Clowns, die zu den Kranken gehen, wichtig. Die hat mich in diese Richtung bewegt, wo ich gemerkt habe, es ist unwahrscheinlich, was ein Clown da bewegen kann.“

Und zwar was?
„Er kann für sein Gegenüber ein großer Fänger und Wandler von den Emotionen des anderen werden.“

Wie?
„Indem er einfach da ist. Indem er die Emotionen, die kommen, verwandelt. Wenn Traurigkeit da ist, kann er sie in eine positive Traurigkeit umwandeln. Der Humor nimmt der Wahrheit immer den Stachel.“

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Warum Märchen?

Wie seid ihr darauf gekommen, klassische Märchen zu Clownstücken zu machen?
Der Noch-Rüdiger antwortet, dass in diesen Märchen ein „großes Potenzial steckt. Märchen sind ja eher grauslich. Sie gehen zwar immer gut aus, sind aber letztendlich schon eine sehr, sehr harte Kost. Dass man lachen kann, auch wenn man weiß wie etwa beim Rumpelstilzchen, dass er der Königin ihr Kind wegnimmt! Das zu verwandeln, dass das auch lustig kommt, war die Faszination für uns, warum wir uns für Märchen entschieden haben. „Bei Hänsel und Gretel“ ist zwar schon die Hexe ein Thema. Aber dann ist diese Grausamkeit, dass Eltern, die zu wenig haben, ihre Kinder im Wald aussetzen, im Hintergrund. Letztendlich ist das ja auch eine zeitgemäße Sache. Es ist ja alles auf der Welt in großer Vielzahl da, aber wir sind nicht in der Lage, es so aufzuteilen, dass alle genug haben. Es gibt einige, die haben ganz viel und es gibt ganz viele, die haben ganz wenig bis fast nichts. Aufzuzeigen, dass das auch noch immer im Jahr 2018 ein Thema ist“, schwinge in dem Stück mit.

Im Moment haben sie fünf Märchen im Repertoire: Froschkönig, Rotkäppchen, Dornröschen, Hänsel & Gretel und Rumpelstilzchen.

Fotos hinter und vor den Kulissen

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Wir sind fast wie Zwillingsschwestern

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Das Wesen von Clowns

„Das Wesen von Clowns hat uns beide irrsinnig fasziniert hat, weil’s aus den tiefen der eigenen Seele herauskommt“, schildern die beiden ihre Leidenschaft. „Die Emotionen im Clown stecken ja im Menschen, also im Rüdiger. Diese Gefühle dann zu über- oder untertreiben ist das Spannende an der Clownerei“, meint er.

Sie beschreibt: „Ich hab den Unterschied zwischen Schauspiel und Clownerie gespürt. In letzterer hast du viel mehr mit deiner eigenen Person zu tun. Du arbeitest viel mehr mit dem Menschen dahinter. In der Schauspielerei schlüpfst du in eine Rolle und der Clown ist eher ein alter ego und das hat mich sehr fasziniert. Und der direkte Kontakt mit dem Publikum ist einfach ganz anders als beim Schauspiel.“

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Verena Vondrak und Hubertus Zorell

Festival als Begegnung der weltweiten Clownerie

Ganz ungeschminkt und ernsthaft erzählen dann zwei der sechs Direktor_innen des Clown-Theaters Olé – Verena Vondrak und Hubertus Zorell - über die Beweggründe für dieses Festival, das am 9. November mit „Celebration“ (siehe https://kurier.at/kiku/herzhaftes-mit-statt-boshaftes-auslachen/400320372) eröffnet wurde und noch bis 15. November – auch mit Auftritten bekannter vor allem ClownInnen aus aller Welt - läuft.

Anlass, so Zorell, war, dass „wir finden, dass die Kunst der Clownerie unbedingt gefördert gehört. Das tun wir seit zehn Jahren im Theater Olé. Mit dem Festival wollen wir, dass sowohl das Wiener Publikum als auch wir selber und unsere Freunde und unsere Kollegen mit der Welt verbunden bleiben, vernetzt bleiben. Und um zu wissen, was sich in der Welt auf dem Gebiet unserer Kunst tut.“

Die Besonderheiten der Clownkunst bringt Vondrak so auf den Punkt: „Einfach, dass man den Menschen mit Humor begegnet, vielleicht ein bisschen Gefühle wecken kann und die naive Seite der Menschlichkeit zeigen.“

https://www.clownfestivalwien.at/

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Hier der Beitrag von SchauTV

gedreht von Ernö Mlekov

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