Sechs Mädchen schlüpften in die Rollen von Quasimodo und Frollo
Frollo, der Domherr von Notre Dame, übergibt seinem praktisch im Glockenturm eingesperrten Zögling Quasimodo, eine Bibel. Fast ungläubig, jedenfalls sehr unterwürfig, nimmt der gehörlose Glöckner das Buch, um es andächtig zu be-greifen.
Diese Szene spielen die sechs Teilnehmerinnen des Theater-der-Jugend-Workshops an einem der Nachmittage in den Herbstferien. Die Theaterpädagogik bietet Workshops jeweils zu aktuelle laufenden stücken an. Im kleineren Haus – Theater im Zentrum – wird „Der Glöckner von Notre Dame“ gespielt – der Kinder-KURIER berichtete.
Anna, Carla, Emma, Flora, Lena und Paula, die sechs Teilnehmerinnen – mehr dürfen/durften zu diesem Zeitpunkt aufgrund der geltenden Corona-Regeln nicht teilnehmen – teilten sich in Zweier-Teams, um die Szene zu proben und dann der Theaterpädagogin Lisa bzw. dem Kinder-KURIER vorzuspielen. (Anmerkung der Redaktion: Zwecks Corona-Regeln musste immer entweder die Theaterpädagogin oder der Reporter den Workshop-Raum verlassen und von außen zuschauen.)
Zaghafter die einen, forscher andere – aber jeweils brachten die Duos sehr klar das Machtgefälle zwischen dem Domherren in seiner Gönnerhaftigkeit in dieser Szene und dem Glöckner klar rüber.
Noch bevor die Zweierteams die genannte Szene jeweils überzeugend – vorspielten, hatten sie sich in Kreisspielen aufgewärmt und dazwischen eine amüsante Talk-Show über Victor Hugo, den Autor des Klassikers über das Paris rund um die gigantische Kirche im Mittelalter. Der 1831 veröffentlichte Roman spielt im Jahr 1482.
Die Moderatorin kündigt die Diskussionsrund show-mäßig an. Zu Gast in der Runde hat sie nicht nur eine Literaturwissenschafterin, eine Mittelalter-Expertin und eine weitschichtige Nachfahrin des berühmten Autors, sonder auch… - eine ihrer Workshop-Kolleginnen wartet laaaange still ab und tritt dann – mit Bart – als Geist Victor Hugos in Erscheinung. Und dann haben wir noch eine auf dem Sitz herumzappelnde Teilnehmerin. Eigentlich ist sie nur – auf der Suche nach einem Klo - in die Talk-Show gestolpert. Um sich das nicht anmerken zu lassen, lässt sie besonders oberg’scheit wirkende Sager los. Eine sehr amüsante Impro-Show als weitere Aufwärm-Übung für das oben schon genannte Highlight dieses Nachmittags: Drei Mal Frollo und Quasimodo.
Im Laufe der Woche stehen die zentralen Inhalte und Botschaften des Stücks – Außenseiter_innen, Ausgrenzung, Mittelalter, Behinderung, Gehörlosigkeit, Gebärdensprache, Antiziganismus (Rassismus gegenüber Roma und Sinti, oft als „Zigeuner“ beschimpft), Frauenhass, Folter, Isolation, Vergebung, Vertrauen, Glaube, Liebe… - auf dem Programm, die szenisch verarbeitet wurden/werden.
Die meisten der sechs Mädchen zwischen 11 und 13 Jahren haben Theater-Vorerfahrung – von der Staats- über die Volksoper und den Märchensommer bis zur eigenen Schule. Paula schildert, dass ihr beispielsweise Theaterproben oft schon geholfen haben, wenn sie – aus welchen Gründen auch immer – schlecht drauf war. Die Konzentration auf die Proben und der Spaß neben der Anstrengung – „das ist eine ganz andere Art von Stress, danach bin ich immer ganz entspannt oder müde.“
Anna pendelt zwischen Schauspiel, Gesang und Tanz und schätzt an der Theatererfahrung auch, dass sie anderen so manches vorspielen kann ;) Sie ist die einzige, die das Stück – „Der Glöckner von Notre Dame“ schon gesehen hat. Eigentlich stand ein gemeinsamer Besuch der Workshop-Gruppe in der kommenden Woche auf dem Programm, der nun aber dem zweiten Lockdown – zumindest vorerst – zum Opfer fällt. Die meisten anderen kannten die Geschichte – aus einer Verfilmung oder Erzählungen.
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