Künstliche Intelligenz hätte gern Gefühle und Wortflut engt ein
Vom Verhältnis künstliche und menschliche Intelligenz über Wortflut bis zu beinahe kryptischen Sprachexperimenten spannte sich der Bogen der diesjährigen Top-Beiträge. Zum siebenten Mal wurden die Zwei Dutzend besten Texte und ihre Autor_innen beim Jugendliteraturbewerb „texte.wien“ (KURIER ist Medienpartner) - diesmal zum Thema „Neuland“ – ausgezeichnet – in einer Gala, bei der jeweils prominente Burgschauspieler_innen Auszüge aus den Texten aller 25 Finalist_innen (von 230 Teilnehmer_innen) lesen.
Was alles und wie vielfältig „Neuland“ interpretiert werden kann, überraschte die Vorjahrssiegerin von „texte.wien“, Julia Lückl, die heuer Zweite wurde, sehr. Der Titel dieses Textes wurde – erstmals – zum Motto des folgenden Bewerbs gewählt.
Die Siegerin, mit 17 bereits Germanistikstudentin, weil sie in ihrem Mödlinger Gymnasium jene Modellklasse besuchte, die die ganze Unterstufe in nur drei Jahren absolviert, thematisiert in ihrem Text „Können wir noch?“ – Auszüge siehe nebenan – das Verhältnis von menschlicher und künstlicher Intelligenz. „Ich wollte die Diskussion einmal umdrehen, nicht über die möglichen Gefahren schreiben. Meinem Computer und anderen Geräten geb ich auch Namen. Sie bekommen bei mir eine Art Persönlichkeit. Und trotzdem werden sie nie Gefühle haben.“
Die Text der drei Erstplatzierten findest du eingebettet in diesen Artikel, alle anderen auf der Homepage des Bewerbs.
Wortflut
Julia Lückl, die vor kurzem erst in der Jugendkategorie der exil-Literaturpreise gewonnen hatte, baute mit „Wortflut“, der ihr Platz 2 einbrachte, ein erschreckend aktuelles Bild: „Das Wasser steigt. Bis zum Hals steigt es. Nur gesehen habe ich es noch nicht, nur davon gelesen... Ich habe dann an die Redaktion geschrieben, in schwarzen Lettern, mit vielen Fragezeichen. Habe geschrieben, dass ich es nicht sehen kann, das Wasser. ... Antwort habe ich keine bekommen. Nur noch mehr Schlagzeilen... Sie springen mich an...schreien mich an... Deshalb habe ich angefangen zu bauen. ... Es war dann ganz dunkel, stockfinster, dort drinnen in meinen vier Mauern aus Schlagzeilen. Ich saß dort allein, sitze dort allein ...Nur manchmal frage ich mich, was wohl aus dem Draußen wird, was wohl dort draußen passiert. Aber das nur ganz selten.“
Kreatives Sprudeln
„Zu rot“, der Text der Drittplatzierten Caroline Kuba spielt mit Sprache und Wortbildern, „das habe ich immer schon geliebt“, sagt die Schülerin der „Graphischen“, jener Schule, aus der allein 36 (nicht wie irrtümlich hier gestanden ist 56) Texte eingesandt worden waren. Der Bewerb ist zweistufig. Ein Mix aus Online-Voting und professioneller Jury wählt die 25 Finalist_innen aus, die als Lohn schon Workshops mit namhaften Autor_innen bekommen. Und dann einen neuen Text schreiben. Auch über diese – anonymisierten – Texte wird online abgestimmt und von der Jury (mit-)entschieden.
Kuba „hatte das Glück, immer wieder in Schulen zu gehen, wo ich kreativ sein durfte und konnte. Neben Schreiben, arbeite ich gern auch Grafisch und meine dritte Leidenschaft gehört dem Schauspiel. Bei diesem Text hatte ich keine Struktur, ich hab einfach rausgelassen, was in meinem Kopf war.“
Vielfältige Neuländer
Der oben angesprochene große, weite Bogen zu Neuland umfasst unter anderem Blicke in den Sternenhimmel (Weltentfernt von Gamze Çetin), die Frage „Wo sucht Teddy um Asyl an (Penelope Duran), einen fast mitzuerlebenden „Sprint“ (Marina Mitrović), „eingebrannte tränen, wie sie vertrocknen und mich zum springen bringen da ist ein sprung von dir in mir unter dem feuer“ in „tränenspuckende brandmelder“ (Esma Ahmedi) oder die liebevolle Geschichte über eine demente ältere Frau und dass Vergessen nicht das Schlimmste ist in „Es ist okay“ (Hannah Oppolzer) und nicht zuletzt, um auch den einzigen Burschen im Finale zu nennen „Patronen“ von Patrick Greene, der ständig hin und her switcht zwischen einer tragischen Begegnung im Krieg und der zweier Jugendlicher im heute.
Kommentare