Warum Fettleibigkeit nichts mit Willensschwäche zu tun hat

Starkes Übergewicht ist keine Folge eines Mangels an Willenskraft, betonten britische Psychologen in einem Bericht und kritisieren "fat shaming".

Starkes, krankhafte Übergewicht (Fettleibigkeit, Adipositas) sucht sich niemand aus - und wenn man Menschen mit Adipositas bloßstellt oder beschämt, sie stigmatisiert, erreicht man nur, dass sie sich schlecht fühlen und nicht weniger, sondern mehr essen. Das schreiben britische Psychologen in einem neuen Bericht, berichtet die BBC.

Die Psychologen fordern auch mehr Bewusstsein in der Sprache: So soll man nicht "fettleibiger Mensch", sondern "ein Mensch mit Fettleibigkeit" (bzw. mit Adipositas) sagen.

Mitarbeiter in Gesundheitsberufen sollen auch in einer mehr unterstützenden Art über Gewichtsreduktion sprechen.

In den Industriestatten ist in den vergangenen 20 Jahren der Anteil an Menschen mit Adipositas (starkes Übergewicht ab einem Body-Mass-Index von 30) stark gestiegen. In Österreich sind laut dem Gesundheitsbericht 2016 rund 32 Prozent der Bevölkerung ab 15 übergewichtig (ab Body.Mass-Index 25), 14 Prozent sind krankhaft übergewichtig (adipös). Männer sind häufiger von Übergewicht und Adipositas betroffen als Frauen (55 % versus 39 %).

In Großbritannien etwa stieg die Zahl der Menschen mit Adipositas um 18 Prozent seit 2005 - bereits einer von vier Erwachsenen ist dort adipös. Dieser Anstieg könne aber nicht mit einem plötzlichen Verlust an Motivation und Willensstärke erklärt werden, heißt es in dem Bericht der British Psychological Society.

Vielmehr "seien die Menschen mit der höchsten Wahrscheinlichkeit  für ein ungesundes Gewicht jene mit einem hohen genetischen Risiko für Adipositas". Und es seien jene Menschen, deren Leben von "einer sozialen, Schul- und Arbeits-Umwelt geprägt ist, die übermäßiges Essen und Inaktivität fördern."

Oft seien es auch Menschen aus sozial benachteiligten Regionen und Schichten, die einem hohen Maß an Stress ausgesetzt sind, darunter auch Traumen und großen Lebensherausforderungen. Ihre Umwelt würde oft auch wenig Möglichkeiten und Anreize für körperliche Aktivitäten bieten, und auch ihre Möglichkeiten, leistbare gesunde Lebensmittel zu kaufen, seien beschränkt.

Auch psychischer Stress durch "fat shaming" - die Stigmatisierung im Alltag - durch öffentliche Gesundheitskampagnen, Ärzte, Gesundheitspersonal oder auch die Politik führe oft dazu, dass die Betroffenen mehr essen und Gewicht zunehmen. So wurde in Großbritannien eine karitative Organisation für Krebspatienten für "fat shaming" kritisiert, weil sie "Obesity" (Adipositas, Fettleibigkeit) in einer Form als wichtige Krebsursache plakatiert hatte, die an Zigarettenpackungen erinnerte.

Die Psychologin Angel Chater von der Universität von Bedfordshire, Autorin des Berichts, erklärte gegenüber BBC: "Sie können die beste Willenskraft der Welt haben - aber wenn sie keinen Zugang zu den richtigen Lebensmitteln, der richtigen Umwelt haben, und wenn sie nicht gut ins Leben starten - dann wird es hart."

Großes Gesundheitsrisiko

Für die Weltgesundheitsorgansation WHO ist Adipositas das größte globale Gesundheitsprobem bei Erwachsenen.

Adipositas bedeutet ein enormes Risiko für die Gesundheit. Eine britische Studie zeigte unlängst, dass das Diabetesrisiko um bis zum Zwölffachen höher ist als bei Normalgewichtigen. Und etwa eine von zwölf Krebserkrankungen in den USA und eine von 20 in Großbritannien ist auf exzessives Körpergewicht zurückzuführen.

 

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