Schlafen mit zugeklebtem Mund: Was ist "Buteyko" – und ist es gefährlich?
Andini Aisyah Hariadi, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Andien, ist in ihrer Heimat Indonesien als Jazzsängerin populär. Internationale Bekanntheit erlangte die Musikerin nun durch ihren Lebensstil. In ihrer Instagram-Story (nur 24 Stunden verfügbar, Anm.) sprach die 33-Jährige über Buteyko, eine alternativmedizinische Methode zur Unterstützung der Atmung.
Ihr Erfinder, der russische Arzt und Wissenschaftler Konstantin Pawlowitsch Buteiko, ging davon aus, dass chronischer Stress zu einer Verstellung des Atemzentrums führt – dieses wieder zu normalisieren, ist Ziel seiner Methode.
Sängerin Andien schwört darauf. Auf Instagram teilte sie Fotos von sich, ihrem Ehemann und ihrem zweijährigen Sohn. Die Bilder zeigen die Familie mit zugeklebten Mündern.
Schon seit drei Monaten würde ihre Familie mit Klebeband auf dem Mund schlafen und damit Buteyko praktizieren, sagte die Sängerin. Buteyko habe ihr geholfen, besser zu schlafen, verhindert, dass ihr Hals nachts austrocknet und habe sie von Mundgeruch befreit, behauptet die Indonesierin. Das berichten unter anderem die BBC und der Guardian.
Aber was steckt hinter der Buteyko-Methode und ist sie gesundheitlich bedenklich?
Ärzte warnen
Wie eingangs erwähnt, wurde Buteyko von Konstantin Pavlovich Buteyko in den 50er-Jahren in der damaligen Sowjetunion entwickelt. Er war überzeugt, dass nicht nur die Atmung an sich, sondern auch Erkrankungen der Atemwege wie Asthma auf ein verstelltes Atemzentrum zurückzuführen sind.
Fast siebzig Jahre später ist seine alternativmedizinische Therapie nach wie vor beliebt. Neben einer heilenden Wirkung bei Diabetes, chronischer Müdigkeit, ADHS und Depressionen propagieren Anhänger vor allem die günstige Wirkung auf das Ein-und Durchschlafen.
In diesem Zusammenhang schwören Verfechter auf die Linderung von Schlafapnoe. Dabei werden durch die Erschlaffung der Rachenmuskulatur die oberen Atemwege verschlossen, die Luftzufuhr wird verhindert. Dies kann nachts wenige Male bis zu 100-mal pro Stunde auftreten, einzelne Atempausen können mehrere Sekunden dauern. Meist werden die Patienten von den Angehörigen darauf aufmerksam gemacht, dass das Schnarchen nicht gleichmäßig ist, sondern nach einem lauten Schnarchgeräusch eine längere Atempause folgt.
Patrick McKeown, Gründer der International Buteyko Clinic, sagte der BBC, dass Mundatmung Schlafapnoe begünstigen würde, "da die Zunge nach hinten gedrückt und die Atemwege verstopft werden".
Ärzte warnen jedenfalls davor, Schlafapnoe mit Buteyko zu behandeln. "Ich verstehe, warum es günstiger ist, durch die Nase zu atmen, aber die meisten Menschen öffnen den Mund sowieso nur, wenn sie Schwierigkeiten haben, durch die Nase zu atmen", sagte Kathleen Yaremchuk, HNO-Chirurgin und Schlafexpertin aus den USA, der BBC. Jemand, der an Schlafapnoe leide, könne den Zustand "nur durch Schließen des Mundes" nicht verbessern.
Nirmal Kumar, HNO-Arzt und Präsident der britischen HNO-Verbandes, stimmt dem zu. Im Interview mit der BBC sagte er, dass es "keine überzeugenden Beweise in der medizinischen Literatur gibt, die diese Behandlung unterstützen".
Er betonte auch, dass Atemübungen Asthma und andere Atemwegsbeschwerden lindern können. Dies würde im Rahmen einer medizinischen Behandlung jedoch ohnehin empfohlen und angeleitet.
Erstickungsgefahr
Abgesehen von der zweifelhaften Wirksamkeit sei das Zukleben des Mundes problematisch – vor allem bei Kindern.
"Wenn einem übel wird und man sich übergeben muss, geht das nicht", warnt Yaremchuk. Im schlimmsten Fall könne dies dazu führen, dass man erstickt.
Bei kleinen Kindern warnt auch Buteyko-Verfechter McKeown davor, den Mund zu verschließen. Dies werde auch "überhaupt nicht empfohlen". "Für kleine Kinder ist das früheste Alter fünf Jahre und wir legen das Klebeband dann nicht direkt auf die Lippen."
Kumar fügt hinzu, dass Kinder manchmal größere Schwierigkeiten beim Atmen durch die Nase hätten und häufiger krank seien. "Während die meisten Erwachsenen im Notfall aufwachen und das Band abreißen, können Kinder dies nicht."
Bei Atemproblemen empfehlen beide Ärzte, möglichst rasch einen Arzt aufzusuchen.
Kommentare