Masern-Alarm in Österreich: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Baby with chicken pox
Was Sie zum Ausbruch der Infektionskrankheit in Graz wissen müssen.

In der Kinderklinik-Ambulanz des LKH Graz kam es zu einem Masernausbruch bei womöglich 28 Babys. Ausgelöst wurde die Ansteckung von einem 15-Jährigen, der am 11. Jänner mit Masern in die Klinik kam. Jeder, der sich mit ihm in dieser Zeit sowie rund zwei Stunden danach im Wartebereich aufgehalten hat, hat ein Risiko, selbst zu erkranken, sofern die Person nicht geimpft ist. Bisher sind 13 Fälle einer Ansteckung bestätigt, weitere seien zu erwarten.

Wie kann es zu einem solchen Ausbruch kommen? Wie kann man sich vor der Erkrankung schützen? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.

 

Warum wird mit weiteren Infektionen gerechnet? Wie konnte es dazu kommen, dass sich so viele infizierten?

Der 15-Jährige kam infiziert in die Kinderklinik. Üblicherweise werden Patienten mit ansteckenden Erkrankungen in einem separaten Wartebereich untergebracht. Im Fall des 15-Jährigen ist dies möglicherweise nicht passiert, da die Krankheit noch nicht fortgeschritten war. Der typische Masern-Verlauf beginnt mit Fieber, Kopfschmerzen, Husten, Lichtscheu und Bindehautentzündung. Am zweiten bis dritten Tag kommt es auf der Wangenschleimhaut zu weißen Flecken, das Fieber fällt nach dem dritten bis vierten Tag ab. Der typische Hautausschlag beginnt. Bei dem 15-jährigen sogenannten Indexpatienten dürfte der typische Ausschlag noch nicht sichtbar gewesen sein.

Masern-Alarm in Österreich: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Im Wartebereich waren auch viele Eltern mit Säuglingen – sie können aufgrund ihres geringen Alters noch nicht geimpft werden und haben daher keinen Schutz vor einer Infektion. Die Dreifach-Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) ist zwar im kostenfreien Impfprogramm enthalten. Die erste von zwei Teilimpfungen ist jedoch erst ab dem neunten Lebensmonat empfohlen. In Ausbruchssituationen kann eine Impfung ab dem vollendeten sechsten Lebensmonat erfolgen. Unter den betroffenen Kindern waren drei erst vier Monate alte Babys.

Masern-Alarm in Österreich: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Eine Impfung gegen Masern ist ab dem 9. Lebensmonat möglich.

Kann man trotz Impfung an Masern erkranken?

Maserninfektionen bei geimpften Personen sind sehr selten. In Studien wurde die Schutzwirkung nach einer einmaligen MMR-Impfung mit 94 bis 95 Prozent berechnet. Die zweifache MMR-Impfung verhindert jedoch bei 93 bis 99 Prozent der Geimpften den Ausbruch einer Erkrankung und führt in der Regel zu lebenslanger Immunität.

Ein lebenslanger Schutz besteht nur dann, wenn beide Teilimpfungen erfolgt sind. Deshalb sollten auch Jugendliche und Erwachsene, die als Kinder nur einmal gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft worden sind, eine weitere MMR-Impfung erhalten.

Warum gibt es immer wieder Masern-Ausbrüche?

Einige Eltern lehnen es ab, ihre Kinder impfen zu lassen. Ein häufiges Argument ist etwa, dass die Masern-Impfung Autismus auslösen kann. „Zahlreiche wissenschaftliche Studien konnten belegen, dass es keinen Zusammenhang zwischen der MMR-Impfung und autistischen Störungen gibt“, heißt es dazu beim deutschen Robert-Koch-Institut. Impfkritiker stützen ihre These mit einem Artikel von Andrew Wakefield, der 1998 erschien und in dem ein möglicher Zusammenhang hergestellt wird. „In der Untersuchung, die diesem Artikel zugrunde liegt, wurden jedoch mehrere methodische Fehler und sogar Manipulationen aufgedeckt“, wird beim Robert-Koch-Institut betont: So wurden insgesamt nur zwölf Kinder untersucht, deren Auswahl nicht zufällig erfolgte. Des Weiteren wurden Daten über den zeitlichen Abstand zwischen der Impfung und dem Auftreten von Anzeichen von Autismus gefälscht. „Es bestand ein Interessenkonflikt Wakefields, da er von einem Anwalt, der Eltern von Kindern mit Autismus vertrat, zur Durchführung der Untersuchung beauftragt und bezahlt wurde. Daraufhin wurde der Artikel 2010 vollständig widerrufen, und Andrew Wakefield wurde seine ärztliche Zulassung in Großbritannien aberkannt“, heißt es auf der Homepage des RKI.

Zahlreiche danach durchgeführte Studien konnten keinen Zusammenhang zwischen der MMR-Impfung und autistischen Störungen finden. Es bestand kein signifikanter Unterschied in der Häufigkeit des Auftretens von Autismus zwischen den geimpften und den ungeimpften Kindern. Auch die amerikanische Autismus-Wissenschaftsstiftung (Autism Science Foundation) weist ausdrücklich darauf hin, dass es keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen der MMR-Impfung und Autismus gibt.

Wie gefährlich ist eine Infektion mit Masern?

Laut Infektionsspezialist Herwig Kollaritsch sollte man, Masern nicht als ungefährliche Erkrankung betrachten. Eine Infektion töte beispielsweise den Großteil der Immun-Gedächtniszellen und führe so zu einer längerfristigen Immunschwäche gegenüber anderen Erkrankungen. Schließlich stelle sich laut internationalen Studien immer mehr heraus, dass die gefährlichste Komplikation der Masern, die sogenannte „Subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE)“, häufiger auftrete als bisher angenommen. „Erkranken Kinder unter einem Jahr an Masern, so haben sie das hohe Risiko von eins zu 600, einige Jahre später an dieser speziellen Gehirnhautentzündung zu erkranken, die tödlich endet. Zudem kommt es nach Masern zu einer über mehrere Jahre andauernden Schwächung des Immunsystems, die das Risiko erhöht, an anderen Infektionskrankheiten zu sterben“, heißt es im Gesundheitsministerium.

Wie geht es mit den betroffenen Kindern jetzt weiter? Wie wird im Verdachtsfall vorgegangen?

Da die Inkubationszeit bei Masern bis zu 21 Tage beträgt, werden noch weitere Masern-Fälle erwartet. Einige Eltern hatten inzwischen auch Kontakt mit anderen Kindern. Da bei Säuglingen keine Impfungen vorgenommen werden können, erhalten die möglicherweise infizierten Kinder vorsorglich Immunglobuline – die sogenannte passive Impfung. Sie schützt bis zu vier Tage nach Ansteckung vor dem Ausbruch der Krankheit. Ein Teil der Kinder wurde stationär aufgenommen. Beim Verdacht auf Masern sollten Betroffene keinesfalls Ambulanzen und Ordinationen aufsuchen, sondern vorher anrufen und sich erkundigen, wie vorzugehen ist.

Ist die Krankheit ausgebrochen, ist keine ursächliche Behandlung möglich. Es können nur die Symptome gelindert werden. Dazu zählen etwa Hustenmittel, fiebersenkende Medikamente und Hausmittel wie Wadenwickel sowie Bettruhe und viel Flüssigkeit zu trinken.

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