Keimschleuder Arztkittel: Eine Gefahr für die Gesundheit?

In Studien wurden Krankheitserreger an Arztkitteln, besonders an Ärmelaufschlägen und Taschenrändern, entdeckt.
Arztmäntel sind als Bakterienherde berüchtigt. Die darauf in Studien gefundenen Erreger bringen das Statussymbol in Verruf.

Was die Gerichtsrobe für Anwältinnen und Anwälte und die Dienstuniform für Polizistinnen und Polizisten ist, das ist der weiße Kittel für Angehörige von Gesundheitsberufen.

Von einem doch beträchtlichen Teil des medizinischen Personals wird dieser nach wie vor als Statussymbol wahrgenommen. Auch für Patientinnen und Patienten ist er nicht unwesentlich.

Einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie von zehn US-Ausbildungskrankenhäusern zufolge achtet über die Hälfte dieser auf die Kleidung der Ärzteschaft – die Mehrheit bevorzugt weiße Kittel.

Weiß und rein?

Was viele nicht wissen: Die scheinbar sterilen Mäntel können gefährliche Bakterien und Krankheitserreger beherbergen – und diese auch auf Patientinnen und Patienten übertragen.

Eine Metaanalyse diverser Studien ergab im Jahr 2016, dass Arztkittel häufig mit Stämmen schädlicher und sogar medikamentenresistenter Bakterien kontaminiert sind. Bis zu 16 Prozent der weißen Mäntel wurden positiv auf den Krankenhauskeim MRSA getestet, der gegen die meisten Antibiotika resistent ist. Bis zu 42 Prozent wurden positiv auf gramnegative Bakterienstämme getestet. Zu dieser Bakterienklasse zählen etwa Legionellen oder Enterobakterien.

Die genannten Erreger können bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem ernstzunehmende Gesundheitsprobleme verursachen, unter anderem Infektionen der Haut und des Blutkreislaufs, eine Sepsis, oder Lungenentzündung.

Keime auf Stethoskopen

Problematisch ist nicht nur die Berufsbekleidung. Die Erhebung ergab auch, dass Stethoskope, Telefone und Tablets mit gesundheitsschädlichen Bakterien belastet sein können.

Eine Erhebung zu Fachärzten aus der orthopädischen Chirurgie ergab eine Übereinstimmung von 45 Prozent – zwischen den auf ihren Krawatten gefundenen Bakterien und jenen in den Wunden ihrer Patientinnen und Patienten. Auch auf den Uniformen von Krankenschwestern wurden in Studien Bakterien nachgewiesen.

Eine mögliche Lösung können antimikrobielle Textilien sein. Diese hemmen das Wachstum von Mikroorganismen oder zerstören diese und wirken so der Besiedelung und Vermehrung entgegen.

Auch das regelmäßige Waschen der Kittel kann der Keimbelastung entgegenwirken – jedoch nur bedingt, da diese laut Studien schon nach wenigen Tragestunden wieder mit Erregern kontaminiert werden. Allerdings haben mehrere US-Studien ergeben, dass 58 Prozent der dort tätigen Ärztinnen und Ärzte ihre Kittel nur einmal im Monat, wenn überhaupt, reinigen lassen.

Kurze Ärmel als Lösung

In einer 2018 veröffentlichten Studie wurde getestet, ob das Tragen von kurz- oder langärmligen weißen Mänteln einen Unterschied bei der Übertragung von Krankheitserregern darstellt.

In Übereinstimmung mit früheren Arbeiten konnten Forscher belegen, dass kurze Ärmel zu niedrigeren Übertragungsraten führen. Denkbar sei den Wissenschaftern zufolge, dass es einfacher sei, Hände und Handgelenke sauber zu halten, wenn sie nicht mit Ärmeln in Kontakt sind, die selbst oft mit kontaminierten Objekten in Berührung kommen.

Aus diesem Grund schlägt die Society for Healthcare Epidemiology of America vor, dass Ärztinnen und Ärzte der "Bare below the elbow"-Regel folgen. Diese besagt, dass medizinisches Personal weder Stoff noch Schmuck unterhalb des Ellenbogens tragen darf. Auch in den Niederlanden und Großbritannien sind blanke Unterarme die Norm.

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