Wer Abnutzungen im Knie oder in anderen Gelenken hat, leidet oft unter starken Schmerzen. Das trifft nicht nur ältere Menschen, sondern auch Hobby- und Spitzensportler. Alltagsbewegungen werden zur Qual – für viele bleibt nur der Einsatz eines künstlichen Gelenks. Eine Therapie mit Eigenblut soll das zumindest verzögern.
„Dazu wird dem Patienten mit einer speziellen Spritze Blut abgenommen und das Plasma von den roten Blutkörperchen getrennt. Im Plasma sind die Thrombozyten (Blutplättchen) im Vergleich zum Blut dreifach konzentriert – sie wirken im Körper entzündungshemmend“, sagt Thomas Müllner, Leiter der Orthopädie am Evangelischen Krankenhaus Wien. Das körpereigene Plasma soll zudem Wachstumsfaktoren freisetzen, die die Zellneubildung in Muskel-, Sehnen und Knorpelgewebe ankurbeln.
Gute Wirksamkeit
„Das Plasma wird direkt in das betroffene Gelenk, etwa das Knie oder die Hüfte, gespritzt, bei Arthrosen, Muskelverletzungen oder auch bei Sehnenproblemen wie kleineren Einrissen oder Sehnenentzündungen“, erklärt Müllner. Auch bei Tennisellenbogen, Fersensporn, Reizungen der Achillessehne und dem Patellaspitzen-Syndrom, eine Knieverletzung, die vor allem Sportler betrifft, die viel springen, etwa beim Volley- oder Basketball, kann die Methode helfen.
Wie die Patienten reagieren
Meist sind drei bis fünf Anwendungen im Abstand von etwa einer Woche notwendig, um Besserungen mithilfe der ACP-Therapie, kurz für autologes konditioniertes Plasma, zu erreichen. Eine Injektion kostet je nach Arzt zwischen 180 und 250 Euro pro Anwendung. Diese dauert jeweils insgesamt rund 15 Minuten.
Laut Müllner reagieren Patienten unterschiedlich darauf. „Manche merken sehr, dass das Knie arbeitet, dass etwas passiert. Andere sagen, sie spüren eine Besserung, sind aber noch nicht ganz zufrieden, dann sind bis zu fünf Injektionen möglich“, sagt der Orthopäde.
Dass injiziertes Plasma bei Abnutzung helfen kann, ist wissenschaftlich mittlerweile gut untersucht, weiß Catharina Chiari, Orthopädin an der MedUni Wien. „Kürzlich konnte gezeigt werden, dass die Injektion von plättchenreichem Plasma gleich gut ist wie die Injektion von Hyaluronsäure, die ebenfalls zur Schmerzlinderung in betroffene Gelenke injiziert werden kann. Die Eigenblut-Therapie ist gut wirksam und kann eine deutliche Verbesserung für Patienten bringen“, meint die Sportärztin.
Fünf-Jahres-Daten belegen keinen signifikanten Unterschied zur Behandlung mit Hyaluronsäure, die Komplikationsrate sei niedriger und es gäbe so gut wie keine Nebenwirkungen. Chiari: „Wenn die Methode korrekt und steril angewendet wird, ist die Infektionsrate nicht höher als bei jeder anderen Injektion ins Gelenk. Allerdings gibt es keinen Standard, wie oft man injiziert und in welchen Abständen, sowie verschiedene Hersteller, die einen Vergleich schwierig machen.“
Unterschiedliche Herstellungsverfahren, etwa wie das Blut vom Plasma getrennt wird, können beispielsweise zu einem unterschiedlichen Gehalt an Wachstumsfaktoren im Plasma führen. In Studien, in denen die Zusammensetzung des Plasmas verglichen wurde, zeigten sich laut Chiari große Unterschiede. Die Effekte der Therapie können auch beim einzelnen Patienten unterschiedlich sein, z.B. aufgrund der jeweiligen Tagesverfassung.
Schmerzfreiheit
„Gut belegt ist, dass es zu einer Funktionsverbesserung und zu Schmerzfreiheit beim Patienten kommen kann. Ein Aufbau von Knorpelmasse, in dem Sinn, dass dieser wieder dicker wird, ist bisher nicht wissenschaftlich bestätigt. Man weiß aber, dass Patienten beschwerdefrei werden und das ist, was wir erreichen möchten“, sagt Chiari. Im AKH Wien wird die ACP-Therapie derzeit nicht angeboten. Allerdings soll sie noch heuer im Rahmen einer klinischen Studie untersucht werden.
Lebensstil ändern
„Im Rahmen eines umfassenden Behandlungskonzeptes darf man Lebensstiländerungen jedoch nicht außer Acht lassen“, betont Piero Lercher, Sportarzt und Lehrbeauftragter an der MedUni Wien: „Die ACP-Therapie ist einer von mehreren Therapiebausteinen. Wichtig ist auch ausreichend Bewegung, die den Bewegungsapparat gleichzeitig entlastet, etwa Therapien im Wasser.
Auch die richtige Ernährung spielt eine Rolle – kommt die Arthrose etwa von Übergewicht und sind Knie und Hüften entsprechend geschädigt, geht es nicht, dass man nach der Eigenblut-Therapie weitermacht wie vorher.“ Wichtig sei ein „individuelles Therapiekonzept mit professioneller Betreuung“, meint Lercher.
Nicht geeignet ist die ACP-Therapie bei entzündlichen Erkrankungen, etwa aus dem rheumatischen Formenkreis, bei Erkrankungen des Immunsystems oder bei Tumorerkrankungen. Auch bei zu starkem Verschleiß im Gelenk, wenn Knochen auf Knochen reibt, ist die Eigenblut-Injektion nicht möglich.
Doping Bei illegalem Blut-Doping wird eigenes Blut einige Zeit vor dem Wettbewerb abgenommen. Der Körper bildet dieses nach. Kurz vor dem Bewerb wird das Blut wieder injiziert. Der Effekt: Es befinden sich mehr rote Blutkörperchen im Blut des Sportlers – sie können mehr Sauerstoff durch den Körper transportieren, der Sportler wird leistungsfähiger. Die Methode ist im Sport verboten.
Operationen Vor großen geplanten Operationen kann es sinnvoll sein, Blut abnehmen und konservieren zu lassen. Kommt es dann bei dem Eingriff zu einem Blutverlust, der eine Transfusion notwendig macht, kann das eigene Blut injiziert werden. Dieses ist besser verträglich als fremde Blutkonserven.
Verletzungen, Abnutzung Bei der Eigenblut-Therapie werden die roten Blutkörperchen vom Plasma getrennt. Letzteres wird dann in die verletzte Stelle, zum Beispiel in das Knie, injiziert. Die Therapie fällt nicht unter Doping, da die roten Blutkörperchen nicht wieder in den Körper gespritzt werden.
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