Woher kommen Foodtrends?

Asiastische Spezialitäten wie etwa Bao buns, die Burger ähneln, schmecken den Europäern.
Hinter Booms wie Kimchi oder Nordic Cuisine stecken breit angelegte Prozesse - und oft Marketing-Strategen.

Schwimmen Sie schon auf der Kimchi-Welle mit? Falls nicht, sind Sie nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Der traditionelle, milchsauer vergorene Chinakohl aus Korea ist längst in Europa angekommen und wer etwas auf sich hält, hat sich selbst an die Kimchi-Produktion gemacht. Hinter der übrigens nichts anderes als die jüngst wiederentdeckte Kunst des Fermentierens steckt.

Unspektakulär in Korea, Trend in Europa

Wie schaffte es die unspektakuläre Alltagsbeilage aus dem fernen Korea auf die Teller trendbewusster Mitteleuropäer und löste damit einen neuen Trend aus? So etwas passiert nicht zufällig. "Ernährungstrends sind immer eine Antwort auf Sehnsüchte und Wünsche", sagt Foodtrend-Expertin Hanni Rützler. Kimchi erfüllt also den Wunsch nach einem neuen Geschmack, gepaart mit der Sehnsucht nach exotischen Ländern. Gerade Asien erfüllt diese Bedürfnisse zwar schon länger, Korea ist aber noch unbeackert. "Die Geschmackswelten dieser Küche sind ein Schatz, der noch gehoben werden musste."

Marketing

Woher kommen Foodtrends?
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Südkoreas Regierung ist wohl nicht ganz unschuldig. Vor zehn Jahren begann sie, viel Geld in die Image-Verbesserung des Landes zu investieren – über die Kulinarik. Unter dem Namen "Global Hansik" – Hansik ist der Überbegriff der koreanischen Küche – wurden Kochschulen gegründet, in denen traditionelle Gerichte promotet wurden. Wer ein koreanisches Restaurant im Ausland eröffnen wollte, bekam finanzielle Unterstützung vom Staat und auch Werbe-Spots sollten die Vermarktung begleiten. Sogar ein "Forschungszentrum zur Globalisierung von Kimchi" wurde gegründet.

Hanni Rützler glaubt nicht, dass ein paar Millionen reichen, um einen Trend aufzubauen. "Reines Marketing reicht dafür nicht. Da muss schon ein sehr breiter Prozess aufgesetzt werden. Das spielt sich in einem Zeitraum von fünf bis 15 Jahren ab." Das gelang etwa mit dem nun bereits lang andauernden Trend zur skandinavischen Küche. "Daraus ist ein Kulturphänomen geworden."

Skandinavisches Manifest

Den Anstoß dafür gab 2005 der Nordische Ministerrat, der grenzübergreifend die Zusammenarbeit der skandinavischen Länder fördert. Mit einem "Nordic Food Manifest" sollten traditionelle Lebensmittel und Gerichte vermarktet werden. Zwölf Top-Köche unterzeichneten es. Die Folge war der Siegeszug der "Nordic Cuisine": Das "Noma" unter René Redzepi in Kopenhagen wurde ab 2010 vier Mal zum besten Restaurant der Welt gekürt, Magnus Nilssons "Fäviken" in der nordschwedischen Einschicht reihte sich in die Liste der "Top 50" ein.

Trends sind Definitionsfrage

Was ein Trend ist, ist freilich eine Definitionsfrage. "Heute redet jeder über Trends – Marketing-Abteilungen von Lebensmittelproduzenten, Werbe-Experten und besonders die Medien", sagt Rützler. Vieles, das aufpoppt, fällt für sie eher unter die Rubrik kurzlebiges Phänomen. "Da herrscht ein schnelles Kommen und Gehen. Man muss den richtigen Zeitpunkt erwischen und authentisch sein, um mitzuschwimmen."

Diäten versus Normalisierung

Das beinhaltet auch Alltagstauglichkeit, was besonders bei den ebenso weit verbreiteten Ernährungsumstellungen zu beobachten ist. "Wir haben alle klassischen Diäten durch, egal, ob man Zucker, Fett oder Kohlenhydrate weg lässt. Für mich zeichnet sich eine Normalisierung ab. Das fängt sehr deutlich den Zeitgeist ein." Es ist keine Überraschung, dass sich seit einigen Jahren Intervallfasten ganz oben in den Trendlisten hält. "Normal essen und dazwischen an einigen Tagen bewusst zurückschalten: Man sieht diese Methode in den verschiedensten Varianten."

Nächster Trend: Individuelles Frühstück

Was kulinarisch trendverdächtig ist, muss auch individuell sein. "In einer vernetzten Welt tauschen sich die Konsumenten extrem intensiv aus. Außerdem kann man sich übers Essen gut differenzieren", erklärt Rützler. Da hätte das zeitgemäße Frühstück gute Chancen als "heißes Ding". "Noch nie konnte man so individuell und vielfältig in den Tag starten." Im Zentrum steht jedenfalls Unkompliziertheit und Gemütlichkeit. Ob dieses "Neue Frühstück" in einer Liga mit "Nordic Cuisine" oder Gemüse spielen wird? Der Faktor Zeit lasse sich nicht umgehen, betont Rützler. "Ob es wirklich ein eigenständiger, neuer Trend ist oder lediglich ein Trendphänomen, werden wir erst in den kommenden Jahren sehen."

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