Schwarzer Schatz: Auf Trüffeljagd in Wiener Neustadt
Stoßartig strömt die Luft aus Bozdas Nase. Die Labradorhündin schnüffelt angestrengt – sie will sicher sein, dass der intensive Geruch tatsächlich der ist, den sie sucht. Dann gräbt sie unruhig – bis Herrchen Richard Poltnig dazwischen geht. Konzentriert hat er ihre Schritte verfolgt, nun schaufelt er selbst mit einem eigens angefertigten Trüffelspaten die Stelle frei. Dabei lässt er die vierjährige Hündin nicht aus den Augen – sie würde den edlen Pilz am liebsten selbst verputzen. Hin und wieder passiert das auch.
Wildschweine sind Poltnigs größte Konkurrenten. Trüffeljäger wie ihn gibt es in Österreich kaum – obwohl es nicht nur hier, direkt an der Bundesstraße bei Wiener Neustadt, sondern im ganzen Land bis zu acht Sorten der schwarzen Trüffel gibt. Ganz selten auch weiße.
"Die Trüffel braucht einen warmen, trockenen Boden, idealerweise kalkhaltig", sagt Poltnig. Schon während des Studiums begann der Mathematiker Schwammerln zu sammeln und zu verkaufen. Seit drei Jahren ist er regelmäßig auf der Jagd nach den unterirdisch wachsenden Pilzen, die er Köchen und Delikatessenhändlern anbietet.
Erfolgserlebnis
So soll der Hund die Trüffel mit einem Erfolgserlebnis verbinden. Tibor: "Ist der Hund glücklich, will er immer wieder Trüffel suchen. Beim nächsten Mal dann zwei oder drei, bis er das Prinzip verstanden hat." Manche Hunde bleiben so wie Bozda am Fundort stehen und warten, andere graben die Knolle aus und bringen sie zum Herrchen. Ein ausgebildeter Trüffelhund kostet ab 2500 Euro, ein erfahrener ist ab 5000 Euro zu haben. Geeignet ist prinzipiell jede Rasse. Tibor setzt auf Labrador und Spaniel, insgesamt hat er sieben Hunde. In Italien vertrauen Trüffelsammler auf den ausgeprägten Geruchssinn des Lagotto, einer italienischen Rasse.
An einer Lichtung gräbt Bozda wieder aufgeregt. Mit ihr hat Poltnig schon im italienischen Piemont, der Hochburg für weiße Trüffel, nach dem begehrten Pilz gesucht, am Olymp in Griechenland und eben hier, in Wiener Neustadt und anderen Orten Österreichs. Diesmal hat die Hündin einen Prachtfund gemacht: 42 Gramm wiegt die schwarze Trüffel, Marktpreis rund 30 Euro. Richard Poltnig wickelt sie in ein Stofftuch und packt sie in seine Schultertasche.
Die Tasche und das Tuch sind typische Utensilien für italienische Sammler, erzählt der Delikatessenhändler Luca Miliffi und riecht intensiv an Bozdas Fund. Er kennt hochwertige Trüffel von klein auf – schon sein Vater Arnaldo handelte mit dem "weißen Gold". Er importiert den Pilz aus Italien und liefert ihn mitunter auch nachts an heimische Haubenlokale, damit er möglichst frisch auf dem Teller landet.
Glücksgefühle
Nach zwei Stunden Suche wird gewogen: 640 Gramm schwarze Trüffel haben die Hunde gefunden. Der Marktpreis liegt bei rund 450 Euro. Die Ausbeute kann sich sehen lassen. Nicht alle sind für Restaurants geeignet, kleine Stückchen können aber etwa für getrüffelte Butter verarbeitet werden.
Die Trüffelsuche endet, wie in Italien traditionell üblich, mit geriebener Trüffel auf Frischkäse mit Brot, Salami und einem Glas Rotwein dazu. Dabei fallen auch für Superschnüfflerin Bozda ein paar Leckerbissen ab.
Die beste Zeit, schwarze Sommertrüffel in Österreich zu finden, ist im Oktober und November. Die edlere und auch teurere, weiße Trüffel ist in Österreich kaum heimisch – sie braucht mediterranes Klima und kommt vor allem in Italien und Kroatien vor. Wer Trüffel näher kennenlernen möchte, wird beim Wiener Trüffelmarkt (Strohgasse geg. Nr. 16, www.trueffelmarkt.at) fündig. Er beginnt am 8. November und findet jeden Samstag im November statt.
In Savigno nahe der norditalienischen Stadt Bologna ist - wie heute bekannt wurde - am 4. November 2014 die größte weiße Trüffel der Welt gefunden worden: Sie wiegt 1,483 kg. Die Knolle ist damit um 173 g schwerer als der 1,31-Kilo-Pilz, der 1999 in Kroatien entdeckt worden war und im Guiness-Buch der Rekorde eingetragen ist.
Der "Diamant der Küche" soll nun bei einer Auktion versteigert werden. Die Einnahmen sollen wohltätigen Zwecken zu Gute kommen. Der Ausrufpreis liegt laut italienischen Medien bei 25.000 Euro. Wegen ihres einzigartigen Duftes und Geschmacks erzielen Trüffel – speziell jene aus der piemontesischen Stadt Alba – seit Jahren Höchstpreise.
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