Palmöl-Test: Handel nimmt belastete Produkte aus Regal

Palmöl: Diskussion um Umwelt- und Gesundheitsgefahren.
Der Test ergab teilweise hohe Konzentrationen gesundheitsgefährdender Stoffe in Palmöl-Produkten. Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner von der SPÖ will nun einen Runden Tisch zum Thema veranstalten. Auch der Handel reagiert.

Das Ergebnis eines Greenpeace-Tests mehrerer palmölhaltiger Markenprodukte aus dem österreichischen Lebensmittelhandel hat sich als alarmierend herausgestellt, teilte die Umweltorganisation am Mittwoch mit. Zum Teil wurden sehr hohe Konzentrationen von gesundheitsgefährdenden, wahrscheinlich krebserregenden Schadstoffen gefunden. Besonders gefährlich können diese für Kinder sein.

Schon seit längerem gibt es Diskussionen um Gesundheitsrisiken durch Palmöl.

Elf Lebensmittel, acht davon mit Palmöl, ließ Greenpeace von der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) testen. Untersucht wurden Nougat-Aufstriche, Tortenecken, Tortenglasuren, Schokoladen, Margarinen und Packerlsuppen. Während in allen Produkten mit Palmöl die Schadstoffe gefunden wurden, konnten sie in zwei der palmölfreien Lebensmittel nicht und im dritten nur in ganz geringen Mengen festgestellt werden.

Politik reagiert

Pamela Rendi-Wagner von der SPÖ kündigte noch am Mittwoch an, einen Runden Tisch zum Thema veranstalten zu wollen. Die Ergebnisse würden "sehr deutlich" zeigen, dass "wir die Anstrengungen, Palmöl zu reduzieren, weiter fortführen müssen", sagte Rendi-Wagner. Der Runde Tisch werde "in den nächsten Tagen" unter Beteiligung von Vertretern aus dem Gesundheitsministerium, dem Landwirtschaftsministerium, der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES), dem Umweltbundesamt sowie den Umweltschutzorganisationen Greenpeace und Global 2000 stattfinden. Die Experten sollen "anhand der Testergebnisse das Risiko einschätzen und Lösungsansätze diskutieren", teilte Rendi-Wagner mit.

Möglicherweise krebserregend

3-MCPD werde von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) als möglicherweise krebserregend eingestuft, Glycidol, das bei der menschlichen Verdauung von Glycidyl-Ester frei wird, sogar als wahrscheinlich krebserregend. Glycidol habe sich außerdem als erbgutverändernd erwiesen, kommentierte Greenpeace die Testergebnisse. Für diesen Stoff gebe es daher auch keine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) - die Aufnahme solle laut Efsa jedenfalls minimal sein. Die Schadstoffe entstehen bei der Herstellung der Pflanzenöle, die bei hoher Hitze raffiniert werden, um unangenehme Geruchs- oder Geschmacksstoffe zu entfernen.

Palmöl-Test: Handel nimmt belastete Produkte aus Regal
Even though the Indonesian palm oil is a controversy industry, the palm oil plantation is one of the major contributor of Indonesia economy. This picture taken in the island of Sulawesi; one of the biggest provinces in east side of Indonesia. Bildnummer: 586379788 Palmöl, Plantage, Palme, Ölpalme, Agrarbetrieb, Indonesien, Luftaufnahme, Fotografie, Drohne, Sulawesi, Baum, Horizontal, Im Freien, In der Luft schwebend, Menschliches Körperteil,

Ein Risiko für Kinder

Die Greenpeace-Testergebnisse zeigten bei Produkten mit Palmöl derart hohe Konzentrationen von 3-MCPD-Ester, dass vor allem bei Kindern der TDI von 0,8 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht rasch überschritten würde. Auch von Glycidyl-Ester wurden hohe Konzentrationen gefunden. Besonders gravierend seien beide Werte bei der getesteten Milka-Erdbeerschokolade (0,993 bzw. 0,377 mg/kg) und bei den Margarinen von Alsan (0,810 bzw. 0,689 mg/kg) und Rama Original in Würfelform (0,619 bzw. 0,220 mg/kg).

"Drastische Auswirkungen"

"Der Einsatz von Palmöl hat drastische Auswirkungen auf die Umwelt und auf die menschliche Gesundheit. Für die gesundheitsgefährdenden Stoffe 3-MCPD- und Glycidyl-Ester, die bei der Raffination von Palmöl entstehen, gibt es bisher keine gesetzlichen Grenzwerte. Das ist grob fahrlässig", kritisierte Greenpeace-Umweltchemiker Herwig Schuster.

Palmöl-Test: Handel nimmt belastete Produkte aus Regal
Palmöl
"Wir raten dringend bis auf Weiteres vor allem bei Kindern vom Verzehr dieser Produkte ab. Ein Kind hat die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge von 3-MCPD-Ester bereits nach elf Gramm, also nach zwei Stückchen der getesteten Erdbeerschokolade, erreicht. Bei den beiden Margarinen genügen 13 bzw. 17 Gramm, also zwei dünn bestrichene Semmelhälften", erklärte Schuster. Dabei sei noch nicht berücksichtigt, dass Kinder und Erwachsene an einem Tag oft eine Vielzahl an weiteren palmölhaltigen Produkten konsumieren.

"Anlass zum Umdenken"

Auch Umweltmediziner Hans-Peter Hutter warnte: "Verschiedene Erhebungen haben gezeigt, dass gerade sensible Gruppen wie Säuglinge, Kleinkinder und Kinder höhere Mengen an 3-MPCD- und Glycidyl-Ester im Alltag konsumieren. Produkte, die vor allem diese Risikogruppen ansprechen, wie etwa Schokolade, müssen daher besonders strenge Auflagen erfüllen. Die Beobachtung, dass solche Produkte den TDI nahezu ausschöpfen oder sogar übersteigen, muss Anlass zum Umdenken beim Einsatz von Ausgangsprodukten dieser Nahrungsmittel und bei Herstellungsverfahren sein."

Palmöl-Test: Handel nimmt belastete Produkte aus Regal
(FILES) This file picture taken on September 16, 2015 shows a worker handling palm oil seeds at a plantation area in Pelalawan, Riau province in Indonesia's Sumatra island. Greenpeace on January 17, 2017 accused banking giant HSBC of helping to arrange billions of dollars in financing for companies whose palm oil operations have been blamed for destroying vast swathes of Indonesian rainforest. / AFP PHOTO / ADEK BERRY
Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit forderte angesichts der Ergebnisse vom Gesundheitsministerium, Produzenten und Handel sofortige Maßnahmen. Es brauche nun flächendeckende Produkttests und die Veröffentlichung der Testergebnisse bei TDI-Überschreitungen. "Vom Konsum von Lebensmitteln, bei denen bereits bei sehr geringem Verzehr der TDI-Wert überschritten werden kann, muss unbedingt öffentlich abgeraten werden", so Schuster. Den Konsumenten empfahl die Umweltschutzorganisation generell, soweit wie möglich auf Produkte mit Palmöl zu verzichten.

Grenzwerte gefordert

Auch strenge gesetzliche Grenzwerte für die Schadstoffe 3-MCPD- und Glycidyl-Ester seien dringend notwendig. Der Lebensmitteleinzelhandel solle die drei am höchsten belasteten Produkte ("Milka"-Erdbeerschokolade, "Alsan"-Margarine und "Rama Original"-Margarine) solange aus den Regalen nehmen, bis flächendeckende Untersuchungen seitens der Behörden vorgenommen wurden und strenge Grenzwerte festgelegt wurden. Von Handel und Herstellern fordert Greenpeace die schrittweise Senkung des Anteils von Palmöl in Produkten bzw. palmölfreie Produkte in allen Kategorien anzubieten.

Der Lebensmittelhandel leitete noch am Mittwoch Maßnahmen ein: Die Handelskette Spar nimmt "als reine Vorsichtsmaßnahme bis auf Weiteres die beiden Produkte Rama Margarine in Würfelform und Milka Erdbeer-Schokolade aus dem Regal, bis eine Stellungnahme mit Lösungsvorschlägen der Lieferanten vorliegen".

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