Ein Floh mit Lust auf Orangen
Obsternte im fiktiven Rauchtal. Ein Mann wiegt im Werbespot ein Fruchtsaftpackerl gegen einen Haufen Orangen auf, die er zuvor vom Baum gepflückt hat. Abgesehen davon, dass Orangen den Winter in den Alpen nicht überleben – sie stammen ursprünglich aus Indien –, könnte Orangensaft-Werbung in Österreich überhaupt bald obsolet werden. Nämlich dann, wenn die Krankheit Huanglongbing, übertragen vom asiatischen Zitrusblatt-Floh, den Sprung nach Europa schafft.
Wie im Schlaraffenland
Der Parasit hingegen lebt wie im Schlaraffenland, er hat sich perfekt an das Leben in Zitrusbäumen angepasst. Die Ausbreitung erfolgt über die Blattflöhe, erläutert John da Graca, Direktor am Kingsville Citrus Center der Texas A & M University in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Anfangs ging das noch recht langsam. Aber der internationale Handel und die globale Migration haben das sehr beschleunigt.“
Unklar ist, wie der Keim die Passage durch den Körper der Wirtsinsekten überlebt. Auch ist es noch nicht gelungen, den Keim im Labor zu züchten, weshalb das Bakterium die Bezeichnung Candidatus im Namen trägt. Es gibt sogar eine europäische Variante, Candidatus Liberibacter europaeus, sie wurde in Birnbäumen nachgewiesen, scheint aber dort keinen Schaden anzurichten.In Florida verringerte Huanglongbing zwischen Herbst 2011 und 2013 die Ernte von 140 Millionen auf 125 Millionen Kisten Orangen. In der laufenden Saison wird die Erzeugung abermals um sechs Prozent einbrechen, schätzt das US-Landwirtschaftsministerium. In 5 Jahren hat der Schädling zu Einbußen in Höhe von umgerechnet 3 Milliarden Euro geführt. „Huanglongbing ist eine existenzielle Bedrohung“, sagt Floridas Agrarminister Adam Putnam.
Ausbreitung
Die Ausbreitung der Zitruspest wird durch die Anbauweise in Monokulturen und die spezielle Fortpflanzungsweise der Zitrusgewächse begünstigt. Zitrussamen entsteht in der Regel durch einfache Zellteilung. Der Chromosomensatz wird unverändert weitergegeben. Für den Parasiten gibt es keine Kreuzungsbarrieren. Auf herkömmliche Weise wird man keine resistenten Bäume züchten können. Einen Orangenbaum, der immun gegen Huanglongbing wäre, hat man bisher nicht gefunden. Schätzungen zufolge hat die Krankheit bis heute 100 Millionen Orangenbäumchen hingerafft.
Die Zukunft unseres Orangensaftkonzentrats wächst in texanischen Gewächshäusern. Genmanipulierte Süßorangen und Pampelmusen mit Namen wie „Rio Red“. Sie tragen ein Spinat-Gen in sich, dessen Produkte, Peptide, sie vor Bakterien schützen. Orangen-Liebhaber, die Rettung naht. Ob man im gentechnik-skeptischen Europa diese Art von Rettung akzeptieren will, ist eine andere Frage.
...die Zitrusverwandtschaft je nach wissenschaftlicher Sicht zwischen 16 und mehr als 160 Arten umfasst? Einen kleinen Ausschnitt sehen Sie auf dieser Seite unten.
...wir uns laut der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) auch ohne Orangen keine Sorgen um unsere Vitamin C-Versorgung machen müssen? Ascorbinsäure sei in genügend anderen Obst- und Gemüsesorten enthalten, sowie in Rotkraut oder Erdäpfeln.
...die Früchte nur durch einen künstlichen Kältereiz die typische Orange-Färbung bekommen? Am Baum sind reife Orangen normalerweise äußerlich grün.
...50 Millionen Tonnen Orangen pro Jahr weltweit geerntet werden? Die beliebteste Sorte ist Navelina und kommt aus Spanien.
...auch dem herkömmlichen Schädlingsbefall auf Zitrusbäumchen schwer beizukommen ist? Das Erste-Hilfe-Rezept : 15–30 g Schmierseife (Kali-Seife), in einem Liter heißem Wasser auflösen, unverdünnt gegen Blattläuse, oder mit zusätzlich 10–30 ml Spiritus pro Liter Schmierseifenlösung gegen Schildläuse. Den Spiritus kann man auch mit 15 ml Essig und 15 ml Zitronensaft ersetzen.
...beim Zitronenfest im südfranzösischen Menton vergangenen Winter 145 Tonnen Zitrusfrüchte von 300 Künstlern verarbeitet wurden?
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