Die zehn spannendsten Nachwuchs-Designer Österreichs
Die Nachwuchs-Designer Österreichs warten mit fundierten Ausbildungen an Universitäten in Wien und der Welt auf. Trotzdem sind sie in gewisser Weise Autodidakten. Sie alle eint die Neugier (noch) unbekannte Materialien kennenzulernen, zu verarbeiten und eventuell sogar neu zu erfinden. Dafür tüfteln sie so lange, bis sie herausgefunden haben, wie es funktioniert. Wie das aussieht und vor welchen Problemen Jungdesigner in Österreich stehen, erklären sie im Kurier-Gespräch.
1. Lisa Wolf
Lisa Wolf (30) ist in das Designgebiet „reingerutscht“. Die Tirolerin hat an der Universität für angewandte Kunst in Wien Architektur studiert und danach bemerkt, dass sie sich eigentlich lieber „kleineren Maßstäben“ hingibt.
Erste Erfahrungen hat sie bei Leuchtenhersteller Tom Dixon in London gesammelt. Zwei Jahre später ist sie zurück nach Wien gekommen. Diesmal, um zu unterrichten und den neuen 3-D-Drucker an der Angewandten zum Laufen zu bringen. „Ich wusste, wie ich Kunststoff-Produkte aus dem Drucker bekomme, Keramik war aber eine neue Herausforderung.“ Ton sei nämlich um einiges empfindlicher als Kunststoff.
Entstanden ist „Ha & Ba“ und damit „eine Boyband, die noch auf zwei weitere Mitglieder wartet.“ Die ersten beiden Objekte stehen schon bereit für ihre Performance als Vasen, Schalen oder Skulpturen (ab 600 Euro).
Sie empfindet die Branche in Österreich als sehr klein. „Firmen, die Designer anstellen, gibt es in Wien nur sehr wenige“, sagt sie. Um Erfahrungen zu sammeln, ohne sich gleich in die Selbstständigkeit wagen zu müssen, ist sie vorerst nach Berlin gezogen. Wolf arbeitet dort in einem Designbüro.
2. Klemens Schillinger
Ein Circus Maximus für den Esstisch, eine Lampe, die nur funktioniert, wenn man sein Handy abgibt und eine Kleiderstange aus einem einzigen Rohr. Klemens Schillingers (36) Entwürfe sind durchdacht, erzählen eine Geschichte, wollen ein Problem lösen.
Nach dem Industrial Design Studium in Graz und am Royal College of Art in London war er zwei Jahre für eine Designerin tätig, bevor er sich 2015 selbstständig gemacht hat. Für seine Arbeiten wurde er unter anderem mit dem „Swarovski-Design-Preis“ von einer internationalen Jury ausgezeichnet. Seine ersten Arbeiten – eine Obstschüssel, die einer Arena gleicht und ein Pyramiden-Buchhalter (siehe Bild, ab 79 Euro) – werden vom schwedischen Hersteller Hem vertrieben.
Schillinger würde sich wünschen, dass sich auch österreichische Firmen häufiger für eine Zusammenarbeit mit jungen Talenten entscheiden.
3. Karin Binder
Sie ist die erste Frau, die eine Leuchte für das Wiener Traditionsunternehmen Bakalowits designt hat. Für „Laundry Light“ hat Karin Binder (38) über ein Jahr in der Werkstatt getüftelt, bis die Acrylplatten wie Kleidungsstücke auf der Wäscheleine platziert waren.
„Meine Produkte gehen in Richtung Kunst“, beschreibt sie ihren Stil. Ihr Unternehmen „ka.ma interior design“ hat die gebürtige Niederösterreicherin vor fünf Jahren gegründet. Ihr Ziel: Altes Handwerk wiederbeleben und neue Materialien ausprobieren. 2017 sind dabei viele Produkte aus Messing entstanden.
Darunter auch Blumentöpfe, die derzeit in der HO Gallery im ersten Bezirk ausgestellt sind. „Wenn Pflanzen sprießen, öffnen sie sich nach oben hin. Dabei unterstützt die Form des Topfes.“ (ab 145 Euro)
4. Vasku & Klug
Andreas Klug (33) und Michael Vasku (34), gemeinsam Vasku & Klug, haben während der Möbelmesse in Mailand vergangenen April gleich zwei Rekorde gefeiert: Die Installation der Österreich Ausstellung und auch die Leuchteninstallation für Preciosa, einem Kristallglashersteller, zählte so viele Besucher wie noch nie.
Seit 2014 haben die beiden die Position der Creative Directors bei Preciosa inne und leiten somit die Designabteilung. Obwohl sie keine Ausbildung im Industrial Design haben, sei die größte Herausforderung die Teamführung.
„Im kreativen Bereich ist das Zwischenmenschliche sehr wichtig. Daher setzen wird auf ein verlässliches, freundschaftliches Team.“ Kennengelernt haben sich Vasku und Klug während ihres Architekturstudiums in Wien. Seit 2008 sind sie selbstständig. Ihre bisherigen Auszeichnungen: Red Dot Design Award (6), German Design Award (7), iF Design Award (4)
5. Teresa Berger
Kurz vor Ende ihrer Ausbildung an der Design Academy Eindhoven (Niederlande) hatte Teresa Bauer (29) das Gefühl, dass ihr das Know-how für Fine-Dining fehlt. Also hat sie Floris van Straaten kontaktiert und dem Sternekoch eine Kooperation angeboten.
Er hat ihr das Grundprinzip eines Acht-Gänge-Menüs erklärt, dafür hat sie ihm Geschirr für Speisen aus seiner Fusionsküche entworfen. Entstanden ist „Beyond Taste“.
„Die erste Vorspeise war geräucherter Fisch, der auf die blaue Kuppel (Bild hinten links) gelegt wird. Zusätzlich dampft Rauch aus der Kuppel heraus. So entsteht eine doppelte Simulation.“ Die zweite Vorspeise, Beef Tartare, wird auf dem unebenenTeller serviert. Der Hintergedanke: Auch die Rinder lebten in hügeliger Landschaft.
6. Konrad Friedel
Konrad Friedel (38) ist Autodidakt und hat eine andere Herangehensweise an seine Projekte: „Meine Ideen ploppen einfach in meinem Kopf auf. Ich habe ein gutes Vorstellungsvermögen und kann sie im 3-D-Zeichner sofort umsetzen“, so der Wahl-Wiener aus Niederösterreich.
Dahinter steckt freilich mehr: 18 Jahre Erfahrung, viel Wissen und Gefühl für das Material. „Der beste Entwurf hat keine Chance, wenn man nicht weiß, wie das Material funktioniert.“
Auch wenn er gewisse Arbeiten auslagert, würde er das Handwerk nie ganz aus der Hand geben. „Das Handwerk ist die Sprache der Kunst. Wer es erlernt, kann flüssiger sprechen.“
7. Almut von Wildheim
Eine Leuchte aus natürlichen Materialien entwerfen. Das war die Idee von Uli Huber (38), Stefanie Graber (32) und Clemens Pfefferkorn (38). „Wir wollten die Natur in die eigenen vier Wände holen und die Leuchte zur Mitbewohnerin machen“, sagt Uli Huber.
Nach langer Recherche und einem ausgefeilten Businessplan haben die drei Tiroler Quereinsteiger ihre bisherigen Jobs im Marketing 2017 aufgegeben, um unter dem Label „Almut von Wildheim“ Leuchten zu kreieren.
Dafür arbeiten sie mit Holz, Heu, Steinfurnier, Jute, Kork, Flachs sowie Ananasfasern. Ihre Philosophie sollte auch der Name widerspiegeln. Huber: „Nach langem hin und her fiel die Wahl auf Almut, das die ,edle Gesinnung’ bedeutet und gut zu uns passt.“
8. brauchst - Gestaltungswerkstatt
Gernot Pichler (34, Bild rechts) kommt aus einer Tischlerfamilie, hat sich aber lange Zeit gegen diesen Beruf gewehrt. Weil es ihm aber „zu blöd war, Geld für Möbel auszugeben“, hat er sie selbst gebaut. Im Freundes- und Bekanntenkreis haben sich die Anfragen gehäuft und so hat er sich nach dem Architekturstudium doch für eine Tischlerkarriere entschieden.
„Die Architektur war mir zu einseitig, zu bürokratisch. Außerdem setze ich Ideen gerne schnell um.“ Daher gründete er mit seinem Studienkollegen Günter Radl (39) vor drei Jahren das Gestaltungsbüro „brauchst“ in Graz. Seit 2018 haben sie auch eine eigene Werkstatt im Haus.
Der Anspruch der beiden Kärntner: „Gute Qualität in Verarbeitung und Gestaltung der Produkte.“ Auch Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle: „Wenn man unsere Stücke nicht mehr verwenden will, werden sie wieder zu dem, aus dem sie gewachsen sind: Erde.“
9. chmara.rosinke
„In welche Richtung wir uns bewegen wollen, das ist die schwierigste Entscheidung, die wir immer wieder treffen müssen“, sagt Ania Rosinke (33). Sie hat mit Maciej Chmara (35) bereits an der Kunstuniversität in Gdansk (Polen) und später an der Kunstuniversität in Linz studiert.
2012 hat sich das Paar für die Selbstständigkeit entschieden. Seither pendeln sie zwischen Wien und Berlin. In beiden Städten haben sie Ateliers und Wohnungen. „So lassen sich berufliche Termine und auch die Zeit mit unseren Kindern am besten vereinbaren“, sagt Chmara.
Eine praktikable Entscheidung, die auch in der Formensprache der Entwürfe zu erkennen ist. „Unsere Produkte sind stark reduziert, trotzdem soll der Charakter der Objekte noch in der Form erkennbar sein.“
10. Aberjung
„Gleich und gleich gesellt sich gern“, sagen Lukas Jungmann (35) und Christoph Aschaber (34). Bereits während des Designstudiums an der FH Joanneum in Graz haben die beiden Projekte ausgearbeitet und 2010 „Aberjung“ gegründet.
Seither entwerfen sie Auftragsarbeiten. Im Jänner 2020 kommt nun die erste eigene Kollektion heraus. „In Kooperation mit der Tischlerei Lanser haben wir fünf Objekte gestaltet, die in Bezug zu unserer Heimat stehen“, so Aschaber.
Das Lärchenholz stammt aus umliegenden Wäldern und die Funktion aus der Tiroler Tradition. Der dreieckige Sessel „Peter“ ist beispielsweise einem Melkschemel nachempfunden, „der früher nur ein Bein hatte und mit den Beinen ausbalanciert werden musste.“ Preis auf Anfrage
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