Interview: „Wir wollen der Branche einen tieferen Sinn geben“
KURIER: Vor 23 Jahren haben Sie den Verein immo-humana gegründet. Was hat Sie damals dazu veranlasst?
Georg Slawik: Es gab einen Anlassfall. Eine Arbeitskollegin meiner Frau hatte eine Tochter und bekam eines Tages die Nachricht, dass sie schwanger mit Drillingen ist. Der Vermieter hat sie daraufhin delogiert. Das fand ich ungerecht und wollte helfen. Als Hausverwalter, der seit 50 Jahren in der Immobilienbranche tätig ist, habe ich aber gemerkt, dass es in der Branche keine Organisation gibt, die für Mütter in Not einstehen. Da habe ich eine gegründet.
Bisher konnten Sie über 1000 Müttern helfen. In welchen Situationen befinden sich die Frauen, die zu Ihnen kommen?
In höchst dramatischen Umständen. Um hier einige Beispiele zu nennen: Eine Frau musste mit ihrem Kind am Vorzimmerboden einer Freundin schlafen, weil sie keine eigene Wohnung hatte. Eine andere musste gar im Keller mit ihren zwei Kindern wohnen. Die Kinder trugen ständig Handschuhe, weil es so kalt da unten war. Es sind oft Frauen, die nicht mehr leben wollen, weil sie sagen: ’Was bin ich für eine Mutter, die ihren Kindern nicht einmal eine Wohnung geben kann.’
Wie kommen die Mütter in diese Situationen?
Fast immer durch Probleme mit dem Ehemann. Aktuell zum Beispiel hatte ein Kind einen Unfall und verlor dabei ein Auge. Der Vater hat das emotional nicht ausgehalten und die Familie verlassen. Die Frau stand plötzlich alleine da, auch finanziell.
Welche Kriterien müssen die Mütter erfüllen, um rasch eine Wohnung zu bekommen?
Wir haben pro Jahr ca. 350 Anfragen, davon können wir 80 vermitteln. Wir prüfen sehr genau, wer sich in einer echten Notsituation befindet und wer einfach nur eine größere und schönere Wohnung möchte. Der Wille zur Zusammenarbeit muss da sein, man muss Deutsch sprechen können und sich die im Durchschnitt 350 Euro teure Wohnung auch leisten können. Wobei wir hier als Hauptmieter agieren und die Miete von den Müttern einfordern. Damit hat der Vermieter eine Zahlungssicherheit.
Der Wohnungsmarkt ist stark umkämpft. Dennoch können Sie den Müttern innerhalb von ca. vier Wochen eine Wohnung vermitteln. Wie kommen Sie zu den Wohnungen?
Es gibt immer Menschen, die Wohnungen günstig hergeben, obwohl diese am freien Markt mehr wert wären. Die Wohnungen sind maximal 70 Quadratmeter groß und das Mietverhältnis meist auf drei Jahre befristet.
Wie sind die Reaktionen der Frauen, wenn Sie erfolgreich eine neue Wohnung übergeben?
Eine Frau hat Luftsprünge vor Freude gemacht. Eine andere stand in meinem Büro und wollte es nicht mehr verlassen, bevor sie nicht tausend Mal das Wort Danke gesagt hatte.
Warum ist es für Sie essenziell, Menschen zu helfen?
Man kann mit Wohnungen eine Menge Geld verdienen, man kann dem ganzen aber auch einen Sinn geben. Wohnungen sind dazu da, dass wir ein Dach über den Kopf haben, dass wir es warm haben. Das ist für viele keine Selbstverständlichkeit. Wir als Verein sind nicht nur für die Mütter da, sondern auch für die Vermieter, damit diese die Möglichkeit kriegen, der Branche einen tieferen Sinn geben zu können.
Steht man beim Helfen nicht oft alleine da?
Manchmal ist es schwierig, aber es gibt Gott sei Dank immer Menschen mit einem großen Herz, die helfen wollen. Otto Immobilien sind zum Beispiel tolle Unterstützer, weil sie den Sinn unserer Arbeit in die Welt hinaus tragen.
Zum Verein
Georg Slawik gründete im Jahr 1997 den Verein immo-humana. Der Obmann und seine Mitarbeiter konnten bisher mehr als 1000 Müttern und 2.150 Kindern mit der Bereitstellung einer Wohnung in der Not helfen. Immo-humana ist in den Bundesländern Wien und Tirol tätig. Notleidende Mütter, aber auch Menschen, die helfen wollen sowie engagierte Vermieter können sich auf der Homepage www.immo-humana.at melden.
Der Verein immo-humana finanziert sich zum größten Teil aus Spenden. Falls Sie die Arbeit des Vereins unterstützen wollen:
Erste Bank, IBAN: AT62 2011 1000 0304 6400, BIC: GIBAATWWXXX
Kommentare