Neue Designs in der Arztpraxis

Neue Designs  in der Arztpraxis
Die Tage lieblos eingerichteter Arztpraxen sind gezählt. Designklassiker, Farbkonzepte und Malereien erobern Ordinationen

Kribbeln im Bauch, der Blick wandert nervös durch den Raum. Viel zu sehen gibt es allerdings nicht. Die Wände sind kahl. Auf einem Beistelltisch in der Mitte des Raums liegen Magazine aus längst vergangenen Zeiten. Sie betrauern das Beziehungsende von Prinz Charles und Lady Diana.

Rundherum sitzen Patienten, die auf ihre Behandlung warten. Anspannung liegt in der Luft. „In Arztpraxen sitzen meist Menschen, die besorgt sind, Schmerzen haben. Das ist tendenziell eine gestresste Situation. Dieser kann mit gutem Interieur entgegengewirkt werden“, erklärt Wohnpsychologe Harald Deinsberger-Deinsweger.

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Inmitten von Designklassikern

„La Mamma“ von B&B Italia schmückt den Behandlungsraum, die Pendelleuchte „Artichoke“ von Louis Poulsen hängt im Besprechungszimmer und im Warteraum sitzen Patienten auf Arne Jacobsens Ant Chair.

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Inmitten von Designklassikern

Die seit März eröffnete Praxis von Urologin Yas Palli-Razmara (Schanzelgasse 43 , Graz) gleicht einem exklusiven Möbelhaus. Wohl kein Zufall, immerhin hat ihr Ehemann Mario Palli, Leiter der gleichnamigen mariopalli Einrichtungs GmbH, federführend mitgewirkt.

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Inmitten von Designklassikern

„Das Interieur soll Ruhe und Kraft ausstrahlen, sodass sich die Patienten geborgen fühlen“, erklärt er. Gelungen ist das auch mit dem Ausblick aus den Fenstern: Sie zeigen einen asiatischen Garten.

Ablenkung für alle Sinne lautet das Zauberwort. Der Wohnpsychologe erklärt den Hintergrund: Das menschliche Nervensystem, die Sinnesorgane und das Gehirn brauchen Grundnahrungsmittel. Die Rede ist hier nicht von temporären Glücklichmachern wie Pizza oder Schokolade, sondern von Stimuli, die unsere visuellen, auditiven und olfaktorischen Sinnesreize bespaßen.

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Von Augenarzt zu Augenarzt

Sieben Lampenschirme in Dreiecksform leuchten über dem Empfangstisch in der Augenarztpraxis Kaliwoda in Zwettl (NÖ). Entworfen von Abendroth Architekten: „Wir gestalten die Lichtkonzepte immer inhouse.“

 

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Von Augenarzt zu Augenarzt

Für die Umsetzung werden LED-Leuchten verarbeitet. Die lange Lebensdauer und der stromsparende Effekt sprechen für sich. Gegenüber des Tresens zieht ein Kunstwerk alle Aufmerksamkeit auf sich: Entsprechend der Augenarztpraxis hat Grafikerin Katharina Tost eine Iris gestaltet, die Patienten auf andere Gedanken bringt, bis die Behandlung erfolgt.

In Arztpraxen sind das farbige Visualisierungen und Naturbilder an Wand und Decke, das Plätschern eines Wasserbrunnens oder ein erfrischender, aber dezenter Duft, der in der Luft liegt. Fehlen diese äußeren Impulse, ziehen körpereigene Stimuli die Aufmerksamkeit auf sich. Der Wohnpsychologe: „Das ist vor allem dann unvorteilhaft, wenn Schmerzen verstärkt zu spüren sind.“

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Schönheitszentrum mit Lifestylefaktor

Ziel der Ordinationsgestaltung von Schönheitschirurgin Sabine Apfolterer im 3. Wiener Bezirk war, ein Gesamterlebnis mit Wellnessfaktor zu schaffen, das keinesfalls an einen Arztbesuch erinnern sollte. Neben der Schönheitschirurgie musste sich auch Platz für eine Visagistin, Kosmetikerin, Friseurin sowie einen Cool- und Laserraum finden.

 

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Schönheitszentrum mit Lifestylefaktor

Keine leichte Aufgabe für Nina Hitner von M&G Innenarchitektur. Gelungen ist ihr dieser Spagat durch einen guten Material- und Farbmix. Der Boden aus Zement sieht aus wie geschliffener Estrich. Die Wände aus gespachteltem Lehmputz sind teilweise mit aufregenden Tapeten verkleidet. Wobei das Motiv so gestaltet ist, dass es direkt ins Blickfeld der Patienten während der Behandlung fällt.

Schlichtes und karges Interieur beruhigt also nur im ersten Moment, bei längerem Aufenthalt entsteht genau das Gegenteil: innere Unruhe steigt, ohne, dass Patienten die genaue Ursache benennen können. „Den Mangel an Stimuli nimmt niemand bewusst wahr. Er wirkt indirekt. Das ist in vielen Studien nachgewiesen“, erklärt Deinsberger-Deinsweger.

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Vom Gasthaus zur Frauenarztpraxis

Bevor das frühere Gasthaus in der Hormayrgasse 48 in Wien-Hernals überhaupt zur Frauenarztpraxis „Pure Gyn“ umgestaltet werden konnte, mussten Handwerker Wände trocken legen und einen Stahlrahmen zur statischen Aussteifung einbauen. Danach plante Architekt Thomas Abendroth einen Grundriss, der neben einem großzügigen Warteraum auch eine ausgeklügelte Wegeführung beinhaltet. „Die ovale Form des Empfangstisches lenkt die Patientinnen direkt in die richtige Richtung“, erklärt der Architekt.

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Vom Gasthaus zur Frauenarztpraxis

Der Blick führt automatisch an die Wand hinter den Tisch- und Stuhlinseln, die immer noch Café-Charakter ausstrahlen. Dahinter ist die Wandbemalung von Grafikerin Martina Lechner. „Über Flächen schaffen wir Atmosphäre mit kühlen und warmen Farben“, so Thomas Abendroth. Um den Hygienevorschriften zu entsprechen, wurde – wo nötig – mit abwaschbarer Latexfarbe gearbeitet. Im Wartezimmer wurde umweltfreundliche Silikatfarbe verarbeitet.

Dem sind sich auch Planer wie die Abendroth Architekten oder das Architekturbüro Mutant Arch. Media bewusst. Sie tüfteln seit Jahren an funktionaler Innenarchitektur für Ordinationen, die zugleich das Wohlbefinden steigert. Ganz allgemein gesprochen gelingt das durch gut dimensionierte Warteräume und lebendige Farbkonzepte.

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Kinderspielplatz samt Zahnuntersuchung

Die Zahnarztpraxis Bürkle im Quartier Riedenburg in Salzburg sollte bewusst als Ort gestaltet werden, an dem sich Kinder entspannen und ausleben können. Wie ein Spielplatz eben. Die Untersuchung und Behandlung sollte nebenbei geschehen, so der Wunsch von Dr. Verena Bürkle. Daher hat das Architekturbüro Mutant Arch. Media die Ordination in Zonen aufgeteilt und diese kreativ gestaltet.

 

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Kinderspielplatz samt Zahnuntersuchung

Dabei entstandene Freiflächen sind mit grafischen Mustern gestaltet, die zugleich als Leitsystem durch die Praxisräume führen.  Ein besonderer Hingucker sind die mit Kunstrasen ausgelegten Podeste im Wartezimmer. In den Behandlungsräumen lenken Wandbilder von der Untersuchung ab und schaffen Wohlbefinden. Wärme verleihen zudem Holzböden und die bunte Farbgestaltung, die sich durch die gesamte Praxis zieht.

Auch die Disziplin der Ärzte spielt eine hervorgehobene Rolle. Thomas Abendroth: „Beim Zahnarzt haben Patienten kurzfristige Angst vor Schmerzen und brauchen im Wartezimmer mehr Ablenkung als beim Augenarzt.“ Gynäkologen sollten hingegen eine warme Situation schaffen, wo Patientinnen ankommen können, ähnlich geht es Kinderärzten. Bei Letzteren kommt den Sitzgelegenheiten im Warteraum zudem eine besondere Rolle zu. Heinz Glatzl von M&G Innenarchitektur: „Kinder kuscheln gerne mit ihren Eltern, bevor der Arzt ihren Namen aufruft. Auf Bänken mit haptisch ansprechenden Stoffen geht das besser als auf einzelnen Sesseln, die oft glatt und hart sind.“

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Zahnarzt im Skandi-Stil

Den Altbau in der Wipplingerstraße im ersten Bezirk bewohnte zuvor eine Anwaltskanzlei. Genau das war auch die Schwierigkeit für die Planer von M&G Innenarchitektur. Denn für die Zahnarztpraxis mussten Versorgungsleitungen, Abflüsse zu Behandlungsstühlen und vor allem viel Technik verlegt werden. Um diesen Kabelsalat unsichtbar zu machen, wurde in den Behandlungsräumen ein Sockel eingezogen, der etwaigen Kabeln ein Versteck und Patienten eine Sitzbank bietet.

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Zahnarzt im Skandi-Stil

Um den Altbaucharakter beizubehalten, wurde ein großer Raum in drei kleine Behandlungsräume durch Loftwände geteilt, und durch große Fensterfronten miteinander verbunden. Möbel für Garderobe und Empfangstisch wurden inhouse entworfen, genauso wie das Sofa im Wartebereich. Hier wurde bewusst auf einzelne Stühle verzichtet, damit Kinder vor der Behandlung näher an ihre Eltern rücken können.

Neben dem Komfort kann gutes Interieur auch dabei helfen den Patientenstamm zu erweitern. Gerade Ordinationen, die neu eröffnen, müssen Kompetenz ausstrahlen. Designerin Almut Becvar weiß: „Durch professionelle Ausstattung und Gestaltung wird professionelle Behandlung vorweggenommen und Ärzte schaffen Vertrauen durch ein gut durchdachtes Interieur-Design.“

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Dermatologie im Loft

Kerstin Ortlechners Ordination sollte  auf keinen Fall kühl und steril sein. Daher hat sie sich  mit einem Industrieloft im 17. Wiener Bezirk für einen eher unkonventionellen Bau für Ihre Hautarztpraxis entschieden. „Ich liebe New York City und diese Räume strahlen denselben Charme für mich aus.“ In Zusammenarbeit mit Designerin Almut Becvar hat sie die Praxis 2019 umgesetzt. „Wir wollten, dass die Größe des Raums wirken kann, die  wenigen  ausgewählten Objekte sollten hochwertig und besonders sein“, erklärt Becvar ihren Gestaltungsansatz.

 

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Dermatologie im Loft

Daher ist der Eingang – ein hoher Raum mit Empfangstisch  – mit einem Betonboden verlegt. Nudefarbige Samtvorhänge spielen mit der Größe und Höhe des Raums. Elegante Sessel vom italienischen Hersteller Gubi und Marmorwürfel als Beistelltische schaffen gemütliches Ambiente. Um zu zeigen, dass Schönheit gerade in der Imperfektion liegt, wurde die Decke nicht gestrichen: Sie ist roh und erinnert an die Fabriksräume der früheren Schneiderei. Ausgeleuchtet sind die Räume mit Neonröhren. Becvar: Das passt gut zum Loft und sie betonen Raumlänge.“

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