Wim Wenders: Das Buch meines Lebens

Wim Wenders: Das Buch meines Lebens
über „Red Harvest“ von Dashiell Hammett
Wim Wenders: Das Buch meines Lebens
Dieses Buch ist der erste moderne Detektivroman und hat das ganze Genre begründet. Die amerikanische Kriminalliteratur, von Raymond Chandler bis zu James Ellroy, fußt auf diesem einen Roman. Selbst Ernest Hemingway oder William Faulkner sind ohne dieses Buch nicht denkbar. Es ist quasi eine Art Urzelle der US-Literatur, und in jeder Hinsicht ein gewaltiges Werk, wahrscheinlich, weil es so radikal auf eigener Erfahrung beruht. Dashiell Hammett war in den Zwanziger Jahren Detektiv in der über die gesamten Vereinigten Staaten tätigen Pinkerton Agentur und wurde für einen längeren Auftrag in die Minenstadt Butte nach Montana geschickt. Butte war eine sozialistische Hochburg, eine der ersten gewerkschaftlich organisierten Städte in Amerika. Die erste Frauengewerkschaft entstand hier zum Beispiel. Es fanden viele wilde Streiks statt. Als Hammett schließlich merkte, dass die Pinkertons als Streikbrecher eingeschleust werden sollten, verließ er den Job. Es gab Morde, Banküberfälle, wüste Schlägereien, und von all dem handelt „Red Harvest“. Im Roman heißt die Stadt übrigens „Poisonville“. Als ich erfuhr, dass es die Stadt wirklich gab, bin ich natürlich hingefahren nach Butte, Montana. Das war 1978, als ich den Film „Hammett“ vorbereitet habe. Ich fand eine verlassene Geisterstadt. Die Minen waren stillgelegt worden, und die Stadt war in der Zeit stehengeblieben, eine Art Freiluftstudio von Edward-Hopper-Bildern. Die Häuser in seinen Gemälden, das Licht, die Stimmung, findet man sonst nirgendwo mehr so pur erhalten. Und so ist auch mein Bild „Street Corner in Butte, Montana“ eine Hommage an Hopper.

* Neben preisgekrönten Spielfilmen umfasst sein Werk als Drehbuchautor, Regisseur, Produzent, Fotograf und Autor auch zahlreiche innovative Dokumentarfilme, weltweite Fotoausstellungen, zahlreiche Bildbände, Filmbücher und Textsammlungen, www.wim-wenders.com

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