freizeit: Frau Werger, ich darf etwas vorgreifen und Ihnen herzlich zum 70. Geburtstag gratulieren. Graut Ihnen vor der Zahl, oder nehmen Sie’s locker?
Stefanie Werger: Aber wo. Ich hatte ein sehr schönes und erfülltes Leben. Mit vielen Turbulenzen zwar, aber es war schön. Müsste ich heute sterben, kann ich sagen: Ich hab eigentlich nichts versäumt. Und würde mich mein Kreuz nicht plagen, wäre ich fit wie ein Turnschuh. Im Kopf, und ganz generell.
Dennoch heißt Ihr Album „Langsam wea i miad“. Eine innere Bestandsaufnahme?
Es ist ein Abschiedslied, nach dem auch die Platte benannt ist. Denn es wird mein letztes Album sein und auch die letzte Tour. 70 Jahre sind ein stolzes Alter. Ich muss nicht spielen, bis ich 80 oder 90 bin. Das ist mir eigentlich zu anstrengend! Also, nicht auf der Bühne, denn auf der Bühne bin i daham. Aber das Rundherum: Jeden Tag ein anderes Hotel, harte Betten, die weiten Strecken Autofahrt. Genug ist genug.
Waren Leben und Karriere ein wilder Ritt?
Teilweise, durchaus. Ich habe meine Jugend sehr gelebt. Und halt auch Sachen gemacht, die man eigentlich nicht machen darf, als ordentliches Mädchen (lacht). Viel getrunken wurde früher auch. Es war eine intensive Zeit.
Und trotzdem ist alles gut ausgegangen.
Ich hatte Glück im Leben. Ich musste keinen Krieg miterleben, hatte tolle Eltern, eine schöne Jugend. Und meine Karriere war traumhaft. Keine Blitzkarriere, die schnell wieder zu Ende gegangen ist. Stattdessen habe ich Lieder geschrieben, die Bestand haben und die man auch heute noch gerne hört. Was der Mainstream fordert, hat mich dabei nie interessiert. Ganz ehrlich: Ich habe beim Schreiben eines Songs nie darauf spekuliert, ob er gefallen könnte. Ich habe einfach immer Lieder geschrieben, an die ich selber glaube und die aus meinem Herzen kommen. Und das sind die besten geworden. Zeitlos und tiefgehend.
Hätten Sie sich diesen Erfolg einst erträumt?
Ich bin sehr dankbar dafür und demütig, denn wer kann schon behaupten, dass alles gepasst hat mit der Karriere? Ich habe ewig davon geträumt, auf der Bühne zu stehen; das hat sich erfüllt. Ihr Vater war Bergarbeiter, da war es wohl kaum selbstverständlich, dass die Tochter Musikerin wird. In Sachen Musik hat er nicht viel mitgeredet. Er war sehr stolz, auch wenn er die Freude nicht so zeigen konnte, aber ich hab es gespürt; er war aber auch immer sehr krank. Meine Mama hingegen war musikalisch. Als sie „Die Nächste bin i“, meinen ersten Hit, gehört hat, hat sie allerdings gemeint: „Ein bissl derb ist’s halt.“ Doch es war genau richtig so. Sonst wäre ich vielleicht noch in der Schlager-Branche gelandet.
Zehn Jahre sind Sie mit einer Tanzmusik-Combo durch Deutschland getingelt.
Diese Jahre waren wichtig für mich – sowohl was die Bühnenerfahrung betrifft als auch fürs Leben. Meistens sind wir bis zwei oder drei Uhr morgens aufgetreten. Danach packten wir unsere Sachen und sind wieder 800 Kilometer im Auto gesessen. Das war nicht immer leicht. Aber wenn man jung ist, spürt man die Kilometer nicht so sehr.
Ihr Hit „Stoak wia a Felsen“ gilt als Hymne. Wissen Sie noch, wie er entstanden ist?
Ich bin damals in einer Krise gesteckt, weil mir nix eingefallen ist, war verzweifelt und verkrampft. Ich bin dann in mein Stammlokal und habe den Wirt um einen besonders guten Wein gebeten. Nach einer langen Nacht hatte ich am nächsten Tag Ohrenweh. Aber am Tag darauf habe ich „Stoak wia a Felsen“ geschrieben.
Tun Sie sich, wie viele Ihrer Kollegen, auch mit der Einordnung Austropop schwer?
Es gibt Deutschpop, Italo-Pop und eben Austropop. Wobei: Pop, das klingt für mich immer wie ein angerührter Sterz. Man kann auch sagen: österreichische Popmusik. Aber den Begriff Austropop werden wir nicht mehr los. Dazu hat er sich bereits zu stark ins Bewusstsein eingeschweißt. Ich bezeichne mich selbst als Liederatin.
Fans lieben Ihre alten Lieder. Werden sie auch mit den neuen eine Freude haben?
Ich mag alle meine neuen Lieder, aber „Kumm wieder z’ruck“ ist mein Liebling, das erzeugt Gänsehaut-Feeling. Es ist eine Art Nachfolger von „I wü di gspürn“.
Das Lied handelt von der Haltbarkeit der Liebe. „Wie schnell wird alles, was besonders war, Routine“, singen Sie, das sei „Narkose für die Sinne“.
Man muss die Liebe am Leben erhalten, sonst verliert man sie unterwegs. Dass der große Liebesrausch und die Atemlosigkeit des Anfangs nicht ewig währt, wissen wir. Aber es ist wichtig, dass etwas bleibt, das die Seele wärmt. Man muss die Liebe pflegen, sonst geht sie vor die Hunde. Wie einen Garten. Wie schöne Rosen, die nächstes Jahr wieder so schön blühen sollen.
Was ist dabei wichtig?
Das Allerwichtigste ist Respekt und wie man miteinander umgeht. Man kann sich ja ruhig alles Mögliche an den Kopf werfen. Der andere muss jedoch spüren, dass das nur im Scherz gemeint ist. Sonst gehen Glaubwürdigkeit und Vertrauen verloren.
Die Folge davon behandelt Ihr Lied „Schick eahm in die Wüste“ ...
Das Lied ist für all jene Frauen, die sich von ihrem Partner alles gefallen lassen, immer kuschen und sich nie trauen, einen anderen Weg einzuschlagen. Und wenn sie gehen wollen, werden sie oft genug umgebracht, das ist furchtbar. Trotzdem. Den Mut muss man aufbringen. Bevor ich mein Leben ohne Liebe verbringe und mich quälen lasse – das könnte ich niemals. Da muss ich gehen – oder er.
Sehr amüsant ist Ihr Lied über Zwischenmenschliches „Kamasutra“ geworden.
Wenn eine 70-Jährige davon singt, ist das natürlich lustig. Ich mag die Rückenlage, das habe ich immer gesagt (lacht). Alles Humor! Und Humor habe ich immer gehabt.
ZUR PERSON:
Stefanie Werger wurde 1951 in Maria Lankowitz (Stmk) geboren. Sie lernte Flöte, Klavier und Geige. Mit 20 brach sie ihr Studium an der Grazer Musikakademie ab, reiste als Sängerin verschiedener Bands durch Deutschland und die Schweiz. Durchbruch 1982 mit „Die Nächste bin i“. Auch als Autorin und Kabarettistin ist sie erfolgreich.
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