Mit der Aufnahme des Elvis-Songs „In the Ghetto“ blicken Sie auch auf Ihre Anfänge zurück. So fing einst alles an, im Dezember 1973?
Ich machte eine Ausbildung zum Automobilkaufmann. Eines Tages kam ich im Autohaus mit dem Mitarbeiter einer Versicherung ins Gespräch. Dessen Bruder war Manager von Randolph Rose, einem Schlagersänger, der öfter in der Hitparade war. Bei der Gelegenheit habe ich den Mund wohl zu voll genommen. Ganz nach dem Motto: Das mit dem Singen kann ja so schwer nicht sein.
Was passierte dann?
Mein großes Mundwerk verschaffte mir einen Termin bei der berühmten Hansa-Musik-Produktion. Ich sollte da vorsingen. Der Tonmeister fragte mich: Haben Sie denn schon mal gesungen? Bis jetzt nicht, war meine Antwort. Er legte mir eine Liste mit Titeln vor und ich suchte mir „In the Ghetto“ aus. Wollen Sie nichts Leichteres nehmen?“, hat er mich gefragt. Nach der Aufnahme fragte er erneut: Und Sie haben wirklich noch nie gesungen? Nein, wirklich noch nicht, sagte ich. Dann sollte ich draußen kurz Platz nehmen. Anschließend musste ich mit ins Büro von Thomas Meisel, Chef und Inhaber von Hansa. Ich dachte, jetzt bekommst du eine Standpauke, von wegen, was du hier eigentlich zu suchen hast. Doch dann meinte der, ich möchte Ihnen gerne einen Dreijahresvertrag anbieten.
Wie dachten Sie, dass es weitergeht?
Ich steckte mitten in der Ausbildung. Und plötzlich stand ich mit diesem Vertrag da. Heute bin ich seit 47 Jahren dabei. Im Dezember werden es 48. Keiner kann das vorher wissen. Wenn Sie diesen Beruf beginnen, können Sie nur hoffen, lange dabei zu sein. Sie können zwar gute Arbeit leisten. Aber ob Sie das schaffen, entscheidet letztendlich das Publikum.
Als Werbeleiter in einem Autohaus machten Sie Dienst am Kunden, mussten schauen, was ankommt, was nicht. Half diese Kundennähe auch in der Schlagerbranche?
Es gibt kein Rezept für Hits. Das ist das Spannende an dem Beruf: Man kann nicht beeinflussen, was ein Hit wird und was nicht.
Sie waren ein Findelkind, Ihre Mutter legte Sie in einem Korb vor dem Waisenhaus ab.
Heute bin ich meiner Mutter dankbar dafür. Meine leibliche Mutter war damals 17 Jahre alt, mit einem unehelichen Kind wäre das eine raue Zeit geworden, für sie als auch für mich. Und durch diesen Umstand landete ich bei einer wirklich wunderbaren Pflegemutter. Es war ein Glück. Sie brachte mich nicht nur durchs Leben, sondern hat mich auch mit Werten versehen, die mir heute noch helfen.
Welche Werte sind das?
Meine Mutter hat mich gelehrt, nach oben nicht zu buckeln und nach unten nicht zu treten. Sie hat mich Recht von Unrecht unterscheiden lassen. Sie war eine aufrechte Frau. Ich mag diese Werte, habe sie auch meinen Kindern weitergegeben.
Sie sind in eher spartanischen Verhältnissen aufgewachsen. Hatten Sie dennoch eine glückliche Kindheit?
Für Kinder ist das nicht so wesentlich. Meine Mutter hat mit ihrer Liebe, die sie mir geben konnte, kompensiert, was an materiellen Dingen nicht zu erreichen war. Jedenfalls nicht von heute auf morgen. Das Fahrrad, das sie mir zu Weihnachten geschenkt hat, hatte sie sich vom Mund abgespart. Für eine Frau, die 480 Mark im Monat verdient hat, sind 120 Mark für ein Fahrrad extrem viel. Sie hat alles möglich gemacht, um mich am Leben zu erhalten – und daran teilhaben zu lassen. Eine großartige Frau. Ich habe viel von ihr gelernt.
Wie erinnern Sie sich noch an diese Zeit?
Die Zeit war spannend. Meine Mutter war eine große Verehrerin von Willy Brandt. Gemeinsam haben wir Geschichte erlebt. Ich stand mit ihr vor dem Rathaus Schöneberg, als John F. Kennedy seine Rede hielt und „Ich bin ein Berliner“ sagte. Meine Mutter hat da Tränen geweint. Ich habe Panzer fahren gesehen, die Müllerstraße runter zur Seestraße. Meine Freunde und ich fanden das aufregend. Sie zog den Kopf ein. Sie hatte den Krieg miterlebt, den Kriegslärm noch im Ohr. In Berlin herrschte ein raues Klima, rau, aber herzlich. Ich war in einer Bande, jede Straße hatte eine. Wenn man seine Straße verließ, musste man aufpassen, damit man nicht Prügel bekam.
Wie waren Sie in der Schule?
Der Musikunterricht hat mir nicht gefallen, deswegen habe ich immer leicht schräg daneben gesungen. Das hat den armen Herren Marschinski, meinen Musiklehrer, zur Weißglut getrieben. Ins Zeugnis schrieb er: „Keine Note, da kein Gehör.“ Vor Kurzem hatte ich Gelegenheit, mit seinem Sohn zu sprechen. Er erzählte, sein Vater hätte noch mitbekommen, welche Karriere ich gemacht habe. Er sagte zu ihm: „War ein Schlitzohr, hat mich ausgetrickst, ist schon okay.“
Nächstes Jahr wird das Schlitzohr 70.
Die Menschen um mich herum machen mehr daraus, als mir eigentlich lieb ist. Für mich ist das ein Geburtstag wie jeder andere. Wenn überhaupt, ist er mit mehr Arbeit verbunden. Was mich nicht stört, ich mag, was ich tue.
Sie öffnen kein Extra-Fläschchen?
Nein. Ich stehe generell nicht gern im Mittelpunkt. Das war schon als Kind so.
Auf der Bühne genießen Sie es sehr wohl.
Wenn Sie auf einer Bühne stehen, müssen Sie damit rechnen, für zweieinhalb Stunden lang im Mittelpunkt zu stehen. Das kann ich ganz gut, weil es sich über meine Arbeit definiert. Aber danach möchte ich bitte wieder einer von vielen sein.
Wie nehmen Sie die Welt angesichts der Pandemie wahr?
Wir müssen versuchen, das Problem zu lösen, indem wir uns impfen lassen. Das ist die einzige Möglichkeit, um wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren. Ich bin optimistisch, dass das irgendwann passieren wird.
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