Steiermark: Wandern, Radeln und Schwammerln suchen in Oberwölz
Der Familienausflug ins Wölzertal beginnt mit einem Tafelspitz im Gasthof Oberer Bräuer bei der Familie Wohleser. „Griaß di“ da, „Griaß di“ dort. In Oberwölz, der kleinsten Stadt der Steiermark (zirka 1.000 Einwohner), kennt jeder jeden. An dem einen Tisch erzählt der Jäger von der Pirsch am Schöttl, am anderen sitzen Paul und Birgit, die ums Eck die Pension Geißler-Reicher führen. Sie kommen gleich mit den Wiener Gästen ins Gespräch, erzählen von den berühmten Einwohnern, den schönsten Wanderrouten, den besten Schwammerlplätzen und von der Geschichte der Stadt aus dem Mittelalter.
Herausgeputzt ist der Hauptplatz mit den pastellfarbenen Bürgerhäusern. Hinter den meist halbrunden Haustoren aus dem 15. und 16. Jahrhundert verbergen sich mächtige Tonnengewölbe und dicke Steinmauern. Der Platz wird im Norden vom Schöttltor und im Süden von der wuchtigen Stadtpfarrkirche zum hl. Martin eingerahmt. Auf diesem Platz versammelten sich im März 2019 fast alle Einwohner der Gemeinde und viele Fans, um „ihre“ Nicole Schmidhofer gebührend zu feiern. Nici, die hier im Lachtal das erste Mal auf Skiern stand und immer noch in ihrer Heimatgemeinde Oberwölz wohnt, brachte die Abfahrtsweltcup-Kugel heim. Viel Trara.
Oberwölz in der Steiermark
Die berühmte Musikkapelle der Stadt marschierte auf, vom stolzen Papa Hannes Schmidhofer, der auch Bürgermeister ist, gab’s ein Busserl. Vergessen war die Unwetterkatastrophe von 2017, die den Hinteregger- und Schöttlbach zu reißenden Flüssen verwandelte und den Ort überschwemmte.
„Ihr müsst unbedingt eine Wanderung zur Glattjochkapelle machen, das ist der höchstgelegene Sakralbau Europas“, empfiehlt Paul vom Nachbartisch. Ein guter Tipp, wie die fünfköpfige Wandertruppe plus Dackel nach eineinhalb Stunden Fußmarsch vom Schöttljagdhaus feststellt. Das Wetter auf fast 2.000 Meter ist wolkenlos, die Kapelle aus dem 9. Jahrhundert ein Kulturkleinod, das aussieht wie ein aus Steinen gebautes, graues Zelt. Doch die Krönung des Ausflugs sind die Unmengen an Eierschwammerln, die den Boden am Rand des Waldweges orange färben. Suchen braucht man nicht, bücken, einsammeln und ab ins Körberl. Etwas versteckter die Steinpilze. Doch das geschulte Auge der Pilzfanatiker findet sie. Die Eierschwammerlsauce mit Knödel gibt’s gleich am Abend auf der Hütte, die Herrenpilze werden auf der Terrasse in der Sonne getrocknet.
Auf ein paar Schmankerln der Region macht Birgit Reicher die Gäste aufmerksam. „Den Almkaffee, in dem gar kein Kaffee drin ist, müsst ihr probieren. Warme Milch, Schnaps, ein Eidotter und Zucker.“ Hasenöhrl (gebackene Mäuse) oder einen Woaza (Reindling) frisch gebacken auf einer Hütte, sei auch Pflicht. Wer’s salzig-deftig mag, wird bei einem Butterbrot mit Bröslkas dahinschmelzen: Saure Magermilch wird in Kupferkesseln aufgekocht, der daraus entstandene Kasbruch wird in ein Leinentuch geschöpft, die Molke ausgepresst. Der krümelige Käse wird gesalzen und gepfeffert. Nach vier Wochen und mehrmaligem Wenden ist er genügend gereift.
Sternderlschauen auf der Burg
Das eigentliche Wahrzeichen von Oberwölz ist die Burg Rothenfels, die hoch oben auf einem Felsen über der Stadt thront. Phillip Steiner, der junge Burgherr, hat grüne Visionen, setzt auf Fotovoltaik und Hackschnitzelheizung. Mehr als tausend Jahre ist die Burg alt. Raubritter sollen einst auf der sogenannten Salzstraße nach München jedem, der mit Salz durch das Tal kam, einen Obolus abgeknöpft haben. „Es ist eine Herausforderung, eine Burg zu besitzen. Ich kann nie arbeitslos werden, dafür pleite gehen“, scherzt Steiner. Im Wald betreibt er einen idyllischen Campingplatz, in der Burg wurden vier Zimmer renoviert, das „Café im Garten“ dient als Treffpunkt und Genuss-, Kultur-, und Kommunikationsort. Außergewöhnlich sei auch der Sternenhimmel. „Oberwölz liegt laut ,Light Pollution Map‘ in der Nacht in einem der dunkelsten Gebiete in ganz Mitteleuropa“, so Steiner. Ein Paradies für Sternenbeobachter. Im Gasthof vom Wohleser bringt es ein Wiener Oberwölz-Fan auf den Punkt. „Hier ist für mich die heile Welt. Das perfekte Biotop für Pflanzen und Tiere. “
Ausflugstipps
Kirchen Obwohl Oberwölz die kleinste Stadt der Steiermark ist, hat ihre Pfarre gleich zwei Kirchen – und die stehen Seite an Seite: Die Stadtpfarrkirche zum hl. Martin (neue Altarraumgestaltung) und die Spitalskirche zum hl. Sigismund. Gut erhalten ist noch die Stadtmauer mit drei Toren und den Wehrtürmen, wunderschön der Hauptplatz aus der Zeit des Mittelalters.
Murau Hoch oben über der Stadt – 25 Min. mit dem Auto von Oberwölz entfernt – thront das Renaissanceschloss Murau, das 1250 erbaut wurde und in dem heute die Familie von Karl Fürst zu Schwarzenberg den Sommer verbringt. Bei geführten Touren durch die Gemäldegalerie, Küche, Verlies und Kapelle wird Herrschaftsgeschichte lebendig. Bis 30. 9. 2020, mittwochs und freitags um 14 Uhr. murau-kreischberg.at
Hochseilgarten Direkt beim Schwimmbad in Oberwölz sind die zehn Parcours in verschiedenen Schwierigkeitsgraden aufgebaut. Außerdem Kinder- und Slacklineparcours. Am meisten Spaß macht die Fahrt mit der Zipline über den Wölzerbach. Geöffnet von 9.30 bis 18.00 Uhr. 24 € für Erwachsene, 17 € für Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre. oberwoelz-lachtal.at
Infos
Klimafreundliche Anreise Mit der Bahn von Wien nach Niederwölz (3 Std.), von dort mit dem Bus ca. 14 Min. nach Oberwölz.
Übernachten Pension Geißler-Reicher in Oberwölz, liebevoll geführter Familienbetrieb, schöner Blick auf die Mittelalter-Stadt, moderne Zimmer, köstliches Frühstück, ab 40 €/Person/F.
– Burg Rothenfels, Burgherr Phillip Steiner vermietet im Sommer vier stilvolle Zimmer, 62 €/P (ab 3 Nächten). Idyllischer Burg-Campingplatz mitten im Wald, Fischteich.
Essen Gasthof Oberer Bräuer am Hauptplatz von Oberwölz, traditionelle, g’schmackige Küche.
– Gasthof zum Mohrn auch am Hauptplatz.
Halserhütte Hüttenwirtin Johanna plaudert viel und kocht gut. Hüttenerlebnis auf 1.782 m. Sa., So. geöffnet.
Auskunft oberwoelz-lachtal.at
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