Das beginnt bei seinen Menschen. Da ist zum Beispiel Nicolette Wächter, eine Baronin. Ihr gehört der See. Das klingt originell, ist aber unprosaisch. Wächter ist Nachkommin der Almeida-Dynastie, die in Mondsee lange Zeit eine Hauptrolle spielte. „Seebesitzerin“ ist ohnehin ein missverständlicher Titel. Denn Wasser ist in Österreich Allgemeingut, Wächter besitzt streng genommen nur den Boden, über den es fließt. Aber das reicht. Wer einen Steg, ein Bootshaus oder auch nur eine Boje in den See setzen möchte, muss einen Pachtvertrag mit ihr abschließen. Hunderte solcher Verträge gibt es. Wächter betreibt auch den Höribachhof, ein romantisches Gut in Schwarzindien am Nordwestufer, in dem naturnahe Landwirtschaft betrieben wird.
Es gibt Bienengärten, unberührte Sommerwiesen, einen Kunsthandwerksladen, und das Gehöft lässt sich auch für Veranstaltungen mieten. Ein Besuch: empfehlenswert. Wer Glück hat, trifft die See-Herrin im Laden an, oder zumindest ihren freundlichen, steinalten Kater Leander. Nicht weit entfernt wohnt Ex-Skispringer Andreas Goldberger. Vor Jahren saß er mit Sportler-Kollegen auf einem Bankerl am Golfplatz Drachenwand, sah aufs Wasser hinunter und lobte die Aussicht. „Genau hier“, so habe er den Freunden gesagt, erzählt er gerne, „müsste man ein Haus bauen“.
Bald wurde umgewidmet und er konnte tatsächlich seine „Villa Goldberger“ ins Mondseeland setzen, deren Garagendach einer Sprungschanze nachempfunden ist. Sonntags, wenn die Ort-Schickeria sich nach oder statt der Kirche am Marktplatz zum Stammtisch in der Bar „Sixty-Seven“ oder im gegenüber liegenden „Café Frauenschuh“ trifft, ist Goldberger ebenso gern gesehener Gast wie auf den beiden Golfplätzen am See.
Eingangstor ins Salzkammergut
Der Mondsee also. Er ist das nordwestliche Eingangstor ins Salzkammergut. Der Hauptort Mondsee liegt noch an den Ausläufern der weich rollenden Hügeln des Salzburger Flachgaus, doch bereits in Oberösterreich. Und ab sofort ist Schluss mit sanft. Die schroffe Drachenwand, die mit ihrem „Drachenloch“ die Ufergemeinde St. Lorenz bewacht, gibt eine Vorahnung von dem, was kommt – der gezackte Schafberg nämlich, auf der einen Seite steil zum Mondsee abfallend und auf der anderen flach wie ein Bügelbrett zum Wolfgangsee. Und dann eben das ganze wunderbare Salzkammergut mit seinen pittoresken Bergen und lieblichen Gewässern.
Der Mondsee ist ein Vorgeschmack, der erste und wärmste aller Salzkammergutseen. Wirtschaftskapitäne, Künstler, Politiker – viele zieht es hierher. Es existiert ein breiter Fundus an Geschichten über prominente See-Anrainer. Man muss nur die richtigen Mondseer treffen, um sie erzählt zu bekommen. Über ein Mitglied der saudischen Königsfamilie etwa, das Einheimische nur „den Scheich“ nennen, der hinter dem Guglhupfberg im Wald ein verschwiegenes Anwesen sowie am gegenüberliegenden Seeufer ein Seehaus sein Eigen nennt. Oder von Entertainer Florian Silbereisen, der in der Umgebung eine Villa besitzt. Vom oberösterreichischen Ex-Landeshauptmann Josef Pühringer – einem der Ersten, der zuschlug, als am See eine Tiny-House-Siedlung entstand. Schlagersänger Roberto Blanco bewohnte jahrelang ein Apartment im alten Mondseer Schloss, heute hauptsächlich ein feines Hotel. Es gibt den Medienmogul mit seiner Protz-Villa in Schwarzindien, von der Gerüchte im Umlauf sind, er habe sie mittlerweile um Millionen verkauft. Oder den Chef eines internationalen Konzerns, der neben dem Yachtclub in einem Designer-Anwesen wohnt. Oder die verstorbene Operetten-Diva Marika Rökk, die ein romantisch ins Schilf eingebettetes Bootshaus in der Innerschwand gepachtet hatte. Und so weiter.
Der Spaß am See
Kein Wunder, dass Ufertouren von Ausflüglern gestürmt werden. Vor allem asiatische Gäste, die im Rahmen ihrer „Sound-of-Music“-Besichtigungstouren in Massen antanzen, fluten nach dem Besuch der Mondseer Basilika, dem Star aus der Hochzeitsszene des alten Kultfilms, die Ausflugsboote „Mondseeland“ und „Herzog Odilo“. Touristisch am naheliegendsten ist natürlich Spaß am und ums Wasser. Der Mondsee kann da ziemlich viel. Die lokale Segelschule verleiht alles, womit man sich über Wasser fortbewegen kann. Radtouren um den See seien der große Bringer, betont Tourismus-Chef Thomas Ebner. Der nicht allzu schwere, aber trotzdem gefährliche Klettersteig auf die Drachenwand ist womöglich jener mit dem schönsten Panorama in ganz Mitteleuropa. Herausforderndes Wandern und lauschiges Spazierengehen: alles möglich. Gut Essen geht auch – und zwar, naheliegend, Fisch. Mondseesaibling ist eine kleine kulinarische Berühmtheit und wird überall serviert. Vor allem ganz hinten im „Gasthof See“, wo der Mondsee in den Attersee ausrinnt. Unter den Bäumen im Gastgarten sitzen und Saibling essen: ein Highlight.
Bleibt eine Frage offen: Schwarzindien? Wie seltsam. Ende des 19. Jahrhunderts, als erste Sommerfrischler den See für sich entdeckten, vertrieben sie die einheimische Jugend von der Strandpromenade in ein namenloses Waldstück, gut einen Kilometer entfernt. Niemand wollte wissen, was das Jungvolk dort trieb. Wahrscheinlich badete man nur, jedenfalls kam man am Sommerende stets braun gebrannt zurück und erhielt deshalb den Spitznamen „schwarze Indianer“. Fortan nannte sich der Nachwuchs selbstbewusst „Club der schwarzen Indianer“, eine Jausenstation entstand, und als die Ischlerbahn gebaut wurde, kam dort ein kleiner Bahnhof hin, der eben den Namen Schwarzindien erhielt. Wald, Jausenstation, Bahn und Indianerclub sind Geschichte, der Name ist geblieben, heute dominieren Nobelvillen. Arno Geigers Roman „Unter der Drachenwand“ spielt hauptsächlich in Schwarzindien.Zum Abschluss noch einmal Magie: Im unteren, südöstlichen Viertel des Sees gibt es einen Felsblock im Uferwasser, in den oben ein Eisenkreuz einzementiert ist. Abends, wenn die Sonne tief steht, vergehen ein paar Minuten, in denen man folgendes sehen kann: Kreuz auf Fels in Wasser vor Sonnenuntergang. Schon wieder mystisch. Da ist er dann erst recht wieder magisch, der Mondsee.
Zum Abschluss noch einmal Magie: Im unteren, südöstlichen Viertel des Sees gibt es einen Felsblock im Uferwasser, in den oben ein Eisenkreuz einzementiert ist. Abends, wenn die Sonne tief steht, vergehen ein paar Minuten, in denen man folgendes sehen kann: Kreuz auf Fels in Wasser vor Sonnenuntergang. Schon wieder mystisch. Da ist er dann erst recht wieder magisch, der Mondsee.
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