Eine Reise zu den legendären Riva-Booten am Comer See
Die Werft der legendären Riva-Boote feiert 250 Jahre Jubiläum. Die Mahagoni-Diva brachte Glamour auf den italienischen See.
29.05.21, 06:00
Von Brigitte Jurczyk
"Eigentlich bedeuten sie immer irgendwie Ärger“, sagt Erio Matteri und dreht den Zündschlüssel im Schloss herum. Ein hoher Zwei-Ton-Piep ertönt, dann ein knatterndes Blubbern und schon ist er da, der satte, dunkle, voluminöse Sound, den der Schiffsbauer und Restaurator mit den lockigen, grauen Haaren so liebt.
Er ist das Markenzeichen der Riva – der Diva des Comer Sees. Die Legende dieses besonderen Bootes am Leben zu erhalten, ist die Leidenschaft des Norditalieners, dessen Familienbetrieb sich schon in der vierten Generation um Schiffe dreht. Und natürlich meint er das mit dem Ärger eher scherzhaft. Denn eigentlich ist der Mann mit den braun gebrannten Beinen, die aus der beigen Shorts hervorlugen, regelrecht vernarrt in die Schöne vom Lago di Como. Die Werft, die diese Luxus-Stücke erfunden und gebaut hat, liegt in Laglio am südwestlichen Arm des Sees und feiert in diesem Jahr ihren 250. Geburtstag.
Luxusyacht und Jetset
Der elegante, lang gezogene Bootskörper: aus edlem, tiefrotem Mahagoni gefertigt. Ein starker Innenborder treibt ihn mit durchdringendem Sound durchs Wasser. Eine halbhohe, geschwungene Panoramascheibe schützt Kapitän und Passagiere vor dem aufspritzenden Wasser. Darunter ein klassisches Armaturenbrett mit weißem Steuerrad und viel Bling-Bling in Form von glänzendem Chrom, das zeigt, welch zeitgeistiges Kind die Riva ist: 1963 von Bootsbauer Carlo Riva entworfen, stürzte sich sofort der internationale Jetset auf die Luxusyachten. Brigitte Bardot, Gunter Sachs und Aga Kahn besaßen eine. Aristoteles Onassis und Anita Ekberg standen hinterm Steuer.
Sean Connery und Sophia Loren ließen sich darauf fotografieren. Und der Erfinder der Riva passte sie seiner illustren Kundschaft mit immer neuen Modellen an. Bis 1997 wurden etwa 4.000 Stück des edlen Gefährts gebaut und auch wenn die heute schätzungsweise noch 2.000 erhaltenen Luxusmodelle weltweit in klimatisierten Garagen verstauben oder sonst wo in See stechen, gilt doch der Lago di Como als ihre Geburtsstätte und als Heimatrevier.
Dort, wo der angesehene Schiffsrestaurator Erio Matteri die Boote auf Hochglanz poliert und ihre Motoren wieder zum Leben erweckt. Dort, wo sich die Luxusvillen wie das legendäre Grandhotel Villa d’Este den Luxus leisten, ihre Gäste mit einer eigenen Riva über das flüssige Blau zu kutschieren.
Am besten gleich hinüber nach Laglio in die Cantiere Ernesto Riva – die Werft, die seit 1771 für handwerkliche Exzellenz und Pioniergeist steht. Dort, wo das heutige Familienoberhaupt Daniele Riva mehr über den Bootsbau am Comer See, die schnittigen Rivas und über die prominenten Fans verrät, die gern auch mal in dem von einem traumhaft schönen Park mit dem berühmten Nymphäum und zahlreichen Brunnen und Wasserspielen umgebenen Luxushotel Villa d’Este übernachten.
Schon lange sind die beiden Ikonen Villa d’Este und Cantiere Ernesto Riva freundschaftlich verbunden – und das nicht nur, weil sie am schönsten See Italiens liegen und schon immer ein spezielles Publikum ansprachen.
Mit dem Lago di Como ist das so eine Sache. Lebensfreude und Leid liegen hier nah beieinander, auch wenn sich dazwischen Jahrhunderte spannen. Einst schufteten am Ufer des von Gletschern geformten Sees Arbeiter bis zu zwölf Stunden am Tag in den Seidenspinnereien. Um 1750 gab es um Como herum über 250 Manufakturen. Jene, die damit das große Geld machten, saßen vornehmlich in Mailand. Und als sich Como dank der Seidenindustrie zu einer der blühendsten Städte des Landes entwickelte, kamen die wohlhabenden Fabrikbesitzer und Seidenhändler auf die Idee, sich einen Sommersitz am Lago di Como bauen zu lassen – gleich neben den Palästen des Adels. So entstanden hier so berühmte Villen wie die Villa Melzi, die Villa del Balbianello oder die Villa Erba.
Die haben die Zeiten erstaunlich gut überdauert. Auch wenn die Besitzer wechselten, verloren sie nie an Wert und wer sich solch einen Palast leisten konnte, hatte auch die nötigen Mittel, um die mit Fresken verzierten und von verschwenderisch großen, üppig blühenden Parks umgebenen Anwesen in Schuss zu halten. Heute gehören sie Prominenten wie George Clooney oder reichen Bänkern und werden als Filmkulisse hoch gehandelt.
Kulisse für Star Wars und Bond
Unzählige Movies entstanden seit den Stummfilmzeiten an diesem pittoresken, im Norden von hohen, auch im Sommer schneebekränzten Bergen umstandenen See.
Darunter solche Blockbuster wie „Star Wars“. Schon Hitchcock hatte die Villa d’Este für eine Szene im seinem Film „Irrgarten der Leidenschaft“ gewählt. Sie spielt auch eine Rolle in „Der Andere“ mit Liam Neeson und Antonio Banderas. Für den Bondfilm „Casino Royal“ verwandelt sich die Villa Balbianello in ein Sanatorium. Und in der Villa Gaeta schießt Daniel Craig Gegenspieler Mr. White ins Bein und sagt dabei seinen klassischen Satz: „Mein Name ist Bond. James Bond.“
Die Liste der Kinoproduktionen, die den Lago di Como als Drehort wählen, lässt sich seit diesem Jahr fortführen. „Ich habe sie gesehen, wenn auch nur ganz kurz“, sagt die junge Verkäuferin mit dem dunkelroten Häubchen im brünetten Haar und einem leicht aufgeregten Timbre in der Stimme in der Bäckerei Beretta in Como – übrigens einer der besten Plätze am Comer See, wenn nicht in der ganzen Lombardei, um hervorragendes Brot und feinste Petits Fours zu erstehen.
Sie meint Lady Gaga, die eine der Hauptrollen im Film „House of Gucci“ übernommen hat. Darin spielt sie neben Jeremy Irons, Al Pacino und Adam Driver Patrizia Reggiani, die Exfrau von Maurizio Gucci, der 1995 in ihrem Auftrag erschossen wurde. „Eine wahre Geschichte von Mord, Wahnsinn, Glamour und Gier“ – so der Untertitel des 2001 erschienenen Buchs „The House of Gucci“ von Sara Gay Forden, auf dem der Film basiert. Der starbesetzte Thriller wird im November in die Kinos kommen.
Dann hat sich der Comer See schon längst in den Winterschlaf begeben, viele der Villen stehen dann leer und auch die legendären Riva Boote haben sich in das Winterquartier zurückgezogen und ihren Signature-Sound eingestellt.
Bestimmt spielt eines der Boote in dem Film auch eine Rolle. Wahrscheinlich hat sie ihr Liebhaber, der Schiffsrestaurator Erio Matteri, vorher extra auf Hochglanz gebracht.
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