Das Flair deutscher Städte: von Fachwerk bis Graffiti
Fachwerkhäuser säumen die Straßen mittelalterlicher Städtchen – das ist genauso Deutschland wie die hippen Metropolen, in denen Street-Art und moderne Architektur zu Hause sind. Eine Reise zwischen Vergangenheit und Zukunft.
Beginnen wir diese in der Hauptstadt – die bei Touristen mit Abstand beliebteste deutsche Stadt. Hier gehören Brandenburger Tor, Reichstag und Museumsinsel zum Pflichtprogramm. Wer das absolviert hat, kann sich der alternativen Seite der Stadt widmen, für die Berlin ja eigentlich berühmt ist. Für die Stadt typisch ist die Street-Art: Schon während der Teilung zogen internationale Künstler an die Spree – zum Beispiel Thierry Noir, um dort mit seinen berühmten Köpfen den „antikapitalistischen Grenzwall“ bunter zu machen. Teile seiner Kunstwerke sind heute noch zu sehen, etwa am Leipziger Platz. Nach der Wende entwickelte sich in der Hauptstadt schnell eine Urban-Art-Szene, sodass man heute riesige Wandmalereien in der ganzen Stadt findet. Mit der AboutBerlinApp finden Kunstinteressierte sie auch ganz schnell. Wer eine geführte Tour bucht, erfährt Genaueres und erlebt Berliner Schnauze live.
Weniger proletarisch, sondern eher bürgerlich, zeigt sich Hamburg. Dass das Geld hier zu Hause ist, stellt jede und jeder fest, der durch „grüne“ Villengegenden an der Außenalster oder in Blankenese spaziert. Doch es gibt nicht nur Patrizierhäuser: In Hamburg hat man Neues gewagt, ohne die Wurzeln zu vergessen. In der HafenCity kontrastieren historische Hafenbecken mit neuen Häusern, die nach internationalen Architektenwettbewerben entstanden sind. Die Neubauten sind ein Unikat aus Stahl, Glas, Holz und Stein – und fügen sich doch harmonisch in die Architektur der Stadt ein. Bekanntestes Beispiel ist die Elbphilharmonie.
Mehr ein Neben- als ein Miteinander von alter und moderner Architektur bietet Frankfurt. Das Römer-Viertel, wie die Altstadt genannt wird, lässt mit seinem Fachwerk erahnen, wie die Stadt zu Goethes Zeiten ausgesehen haben mag. Gleichzeitig stehen im Bankenviertel die höchsten Hochhäuser Deutschlands, weshalb man die Stadt am Main oft auch spöttisch „Mainhatten“ nennt.
Doch es sind nicht nur die großen Städte, die ihr eigenes Flair haben, viele mittelgroße Städte sind jedenfalls eine Reise wert – besonders für Liebhaber mittelalterlicher Architektur. Da wäre zum Beispiel Celle in Niedersachsen, das mit fast fünfhundert Häusern eines der größten Fachwerk-Ensembles der Welt aufweist. Das alte Deutschland verkörpern auch Quedlinburg, Görlitz oder Rothenburg ob der Tauber. Das fränkische Städtchen mit seinen spitzen Giebeln, Pflastersteinen, der alten Stadtmauer und den mittelalterlichen Häusern zieht nicht umsonst jährlich viele Touristen an.
Wer es weniger touristisch mag, findet in Unistädten sein Glück: In Würzburg, Marburg, Münster, Tübingen, Freiburg oder Heidelberg schlendert es sich gemütlich durch die Altstadtgassen. Jede Stadt hat ihre speziellen Höhepunkte – in Freiburg ist es das Münster, in Marburg das Landgrafenschloss, in Würzburg die Residenz sowie das Mainufer und in Tübingen eine Fahrt mit dem Stocherkahn auf dem Neckar. Wie sehr es die Städte verstehen, Tradition mit Moderne zu verbinden, zeigt Freiburg. Es ist das europäische Zentrum für Solarforschung. Bei jungen Menschen besonders beliebt ist übrigens Leipzig. Die alte Messestadt hat eine der schönsten Innenstädte Deutschlands. Ensembles aus Bürgerhäusern und die historischen Passagen- und Innenhofstrukturen sind wunderbar restauriert. Am prachtvollsten ist die überdachte Mädlerpassage, unter der man in Auerbachs Keller einkehren kann.
Doch deutsche Städte sind nicht nur gemütlich: Viele Regionen sind geprägt von der Industrie – allen voran das Ruhrgebiet tief im Westen. Stillgelegte Bauwerke wie die Zeche Zollverein in Essen sind UNESCO-Welterbe und mittlerweile Museum, wie die Villa der ehemaligen Stahlmagnaten Krupp. Die Familie hat sich nicht nur selbst einen Palast gebaut, sondern auch für ihre Arbeiter ganze Stadtviertel errichtet, etwa die Margarethenhöhe. Sie ist eines der schönsten Beispiele für die Gartenstadtidee. Die Bewohner sollten ihr eigenes Gemüse anbauen und frische Luft atmen können.
Neben dem Stahl hat das Automobil das Land geprägt, weshalb Motorfetischisten besonders im Süden auf ihre Kosten kommen. BMW hat sich in München, Mercedes und Porsche in Stuttgart ein Museum gebaut, allesamt architektonische Hingucker. Das heißt aber nicht, dass diese Metropolen nur für Autofans etwas zu bieten haben. In Stuttgart etwa kann man die über vierhundert „Stäffele“, also Stiegen, erkunden. Die wurden einst angelegt, um die Weinberge besser zu erreichen, die heute aber allesamt Wohnhäusern gewichen sind.
Am Schluss der Reise sind wir in München angekommen – die Stadt, die viele Österreicher am ehesten kennen. Die Bayern sind ja besonders stolz darauf, Tradition mit Moderne zu verbinden. Das zeigt sich auch im Stadtbild: Neben der Allianz-Arena oder der Pinakothek der Moderne finden Besucher, was sie erwarten: Stachus, Frauenkirche und Schloss Nymphenburg, zum Ausspannen den Englischen Garten oder einen der vielen Biergärten.
Klimafreundliche Anreise
Mittlerweile bieten die ÖBB mehrere Nachtzüge in viele deutsche Städte. Von Wien nach Berlin dauert die direkte Fahrt rund zwölf Stunden. Genauso lange dauert die Fahrt mit dem Nachtzug, der ab Wien über Passau nach Hamburg fährt. Wer Richtung Westen reisen will, dem bietet sich der Nachtzug nach Amsterdam an. Der macht zum Beispiel in Köln, Düsseldorf und Duisburg Halt. Nur fünf Stunden braucht der ICE von Wien nach Würzburg.
Auskunft
Weitere Informationen zum Reiseland Deutschland unter www.germany.travel/german-
local-culture; oder auf den Seiten der jeweiligen Städte, etwa Berlin, Hamburg, Frankfurt oder Leizpig
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