Antwort auf unsere Sehnsucht - aus Dalmatien

Antwort auf unsere Sehnsucht - aus Dalmatien
Auf der Insel Šolta hat eine KURIER-Geschichte hohe Wellen geschlagen. Zwei Insulaner erzählen, wie sehr sie uns vermissen.
Von Uwe Mauch

Am Ostersonntag saß Sylvia Kalebić auf der schmucken, schattigen Terrasse vor ihrem Haus in Gornje selo (Oberdorf) und entdeckte dort einen Artikel aus dem fernen Wien. Sie las ihn durch, und schrieb uns danach folgende Zeilen: Ja, liebe Freunde, da ich mir der Schönheit unserer Insel bewusst bin, kann ich auch eure Sehnsucht sehr gut verstehen.

Antwort auf unsere Sehnsucht - aus Dalmatien

Nicht nur Sylvia, auch ihr Mann Pero Kalebić und viele andere auf der Insel Šolta hatten unsere Flaschenpost aus dem Meer der Covid-19-News gefischt. „Unsere Sehnsucht hat einen Namen“, lautete der Titel. Um diese Sehnsucht zu befeuern, setzte die Zimmervermieterin so fort: Bei uns ist es tagsüber jetzt schon fast sommerlich warm – und die Nächte haben auch nicht mehr diese winterliche Kälte. Die Kirschenbäume blühen, der wilde Wein beginnt zu grünen, die ersten Blätter zeigen sich an den nackten Feigenbäumen. Noch immer finden wir wilden Spargel auf den Feldern, die ersten Schwalben sind auf der Insel angekommen, die Fasanenmännchen sind auf der Balz, und es riecht total nach Frühling.

Der KURIER ist im Sommer kein Unbekannter auf den Inseln Dalmatiens. Die Kioske führen ihn für Urlauber aus Österreich. Dass er schon jetzt auf der Split vorgelagerten Insel Šolta für Gesprächsstoff sorgt, ist einem einfühlsamen Korrespondenten der kroatischen Tageszeitung Slobodna Dalmacija zu verdanken. Er hat Auszüge des Artikels spontan ins Kroatische übersetzt und diese sofort online gestellt.

Antwort auf unsere Sehnsucht - aus Dalmatien

Schon am frühen Sonntagnachmittag waren im Netz die ersten Kommentare der Insulaner zu lesen. Von Stomorska bis Maslinica wurde eifrig debattiert.

Sylvia Kalebić führt in Gornje selo die „Villa Delfin“ als einen Ort der Begegnung. Viele ihrer Gäste sind Stammgäste, einige mehr als das – Freunde.

Mit ihnen ist die Vermieterin täglich im Kontakt: Sie erkundigen sich, wie es uns geht. Und wir erkundigen uns, wie es ihnen geht. Alle hoffen, dass sich die strengen Einschränkungen lockern und es Ende Mai, Anfang Juni möglich ist, mit dem Auto anzureisen.

Keine Gäste zu Ostern, das hat die Šoltaner noch nicht sehr hart getroffen. Erst nach Pfingsten landen hier die ersten Bleichgesichter mit der Fähre aus Split an. Für jene, die privat Zimmer vermieten, hat der kroatische Staat die Steuern für die Sommermonate ausgesetzt. Angestellten zahlt er indes ein Grundgehalt: 430 Euro.

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Die Stimmung auf der Insel, berichtet der Maler Boris Mihovilović Sokol aus Srednje selo (Mitteldorf) ist eigentlich wie immer. In die dalmatinische Gelassenheit mischt sich Sorge, aber keine Panik. Es gibt genügend Klopapier, auch wieder Fleisch für alle vom Festland. Und menschenleere Gassen sind auf einer Insel mit sieben Mini-Dörfern in dieser Jahreszeit sowieso nichts Außergewöhnliches. Nur die Kinder fehlen und die Verwandten, die man derzeit nicht besuchen darf.

Der sensible Maler sagt daher: „Ich fühle mich wie in einem Gefängnis.“

Es wird Zeit, dass der Sommer kommt – und mit ihm all die Menschen, mit denen er Kontakt zur Welt hält.

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